Sendungsüberblick

Müde, einsam, online

54:55 Minuten
12.08.2017
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Als die Autorin Jean M. Twenge in den Nachrichten hörte, dass sich das Smartphone einer 13-Jährigen entzündet und durch ihr Laken gebrannt hatte, fragte sie sich: Warum lag das Gerät neben dem Mädchen im Bett? Eine andere 13-Jährige erzählte ihr, dass sie die meiste Zeit des Sommers allein in ihrem Zimmer gewesen sei.
Als die Autorin Jean M. Twenge in den Nachrichten hörte, dass sich das Smartphone einer 13-Jährigen entzündet und durch ihr Laken gebrannt hatte, fragte sie sich: Warum lag das Gerät neben dem Mädchen im Bett? Eine andere 13-Jährige erzählte ihr, dass sie die meiste Zeit des Sommers allein in ihrem Zimmer gewesen sei. »Ich habe mehr Zeit mit meinem Telefon als mit wirklichen Leuten verbracht«, sagte der Teenie.
Das Smartphone sei für eine ganze Generation der Lebensmittelpunkt, schreibt Jean M. Twenge in ihrem Buch »iGen«, das The Atlantic in Auszügen veröffentlicht hat. Zwischen 1995 und 2012 geborene US-amerikanische Kinder und Jugendliche verbrächten weniger Zeit mit Freunden, hätten keine Eile, den Führerschein zu machen und seien nicht sehr daran interessiert, zu daten. Das mache deren Leben einerseits sicherer, aber andererseits auch unglücklich und einsam, schreibt die Autorin.
Doch war es nicht schon immer so, dass die Gewohnheiten der nachwachsenden Generationen von den Älteren misstrauisch beäugt wurden? Nur dass früher anstelle des Smartphones das Radio, Comics oder Computerspiele zur Diskussion standen? Und kann man die Entwicklungen allein dem Smartphone zuschreiben? Kritische Stimmen bestreiten das. Über ihr Buch "iGen" und diese Fragen sprechen wir mit der Autorin Jean M. Twenge.
[Zum Audio: Zerstörte Generation Smartphone? , mp3, 9:56 Min.]
Animierte Vergewaltigungen: beliebte Fiktion
Über das Frauenbild in Computerspielen wurde schon viel diskutiert. Der häufige Vorwurf: Computerspiele stellen Frauenfiguren sexistisch dar und machen auch Gewalt gegen sie »bequem genießbar«. Die Debatte um sexualisierte Gewalt bekommt nun mit animierten Porno-Produktionen neue Dimensionen.
Das Animationsstudio Studio FOW produziert Pornos, in denen Charaktere wie Lara Croft oder weibliche Ninjas aus der Spieleserie "Dead or Alive" von Männern und Monstern missbraucht werden. Die Filme sind beliebt: Das Studio verdient damit auf der Crowdfundingplattform Patreon mehr als 27.000 Euro im Monat.
In einem Bericht für Vice hat die Spiele-Journalistin Nina Kiel neben Sexualpädagogen auch mit den Produzenten und Autoren gesprochen und diese behaupten: Viele Frauen bringen sich mit Ideen in den Produktionsprozess ein. Wir sprechen mit Nina Kiel über ihre Recherche.
[Zum Audio: Studio Fow: Animierte Vergewaltigungen von Videospiel-Heldinnen , mp3, 9:24 Min.]
Geschlechterverteilung bei Google, eine Infobox zur Wahl, mobile Insektenstich-Heiler
Die Medien und Meinungen dieser Woche hat Vera Linß dabei: Ein Schreiben eines Google-Mitarbeiters im Silicon Valley hat für jede Menge Empörung gesorgt. Der Mitarbeiter behauptet, Frauen seien aus biologischen Gründen schlechter für die Tech-Branche geeignet als Männer.
Auch in der zweiten Meldung geht's um Google: Mit einer Infobox möchte der Suchmaschinenanbieter den bundesweit rund 4.000 zur Bundestagswahl aufgestellten Politikern die Möglichkeit geben, ihre Positionen im Netz zu platzieren. Markus Beckedahl von Netzpolitik.org hält das Angebot für "ein zweischneidiges Schwert".
Unsere letzte Meldung bietet Hilfe gegen die diesjährige Mückenplage in vielen Landesteilen: Studenten des Karlsruher Instituts für Technologie haben eine mobile Vorrichtung für Smartphones entwickelt, die Insektenstiche in Sekundenschnelle heilen soll.
[Zum Audio: Die Medien und Meinungen vom 12.08.2017 , mp3, 4:14 Min.]
Podcast-Kritik: Die Bronx von innen
In einer neuen Folge unserer Reihe Podcast-Kritik stellt Heiko Behr "Mogul. The Life and Death of Chris Lighty« vor: Die Podcast-Serie ist aus zwei Gründen interessant, denn sie beschäftigt sich mit der Biografie nur einer Person, deren Geschichte anhand einer Spurensuche von den 70ern bis heute erzählt wird. Und: Der Protagonist ist schwarz.
Der Podcast konzentriert sich vor allem auf afroamerikanische Kultur und die US-amerikanische Hip-Hop-Szene. Das geht gegen den Trend der üblichen Podcastinhalte und -macher, die überwiegend weiß und männlich sind.
[Zum Audio: Podcast-Kritik: Mogul - The Life and Death of Chris Lighty , mp3, 5:23 Min.]
Neues Bezahl-Radio
Den Podcast »Mogul« gab es zunächst nur exklusiv auf Spotify, erst nach einigen Wochen war er dann für jedermann frei erhältlich. Produziert wird »Mogul« von dem Podcast-Unternehmen Gimlet Media.
Aber inzwischen starten auch viele Streamingdienste eigene Content-Angebote. Was das für die Podcast-Szene und die öffentlich-rechtlichen Content-Anbieter bedeutet, besprechen wir mit Teresa Sickert.
[Zum Audio: Podcast hinter Bezahlschranken - Der Weg zum Paid Content , mp3, 6:55 Min.]
Das Team
Moderation: Katja Bigalke und Martin Böttcher
Redaktion: Jochen Dreier und Jana Wuttke
Netzmusik: Teresa Sickert
Webredaktion: Nora Gohlke
Foto: Tony Lam Hoang auf Unsplash