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Gutes Tracking, böses Tracking

16:34 Minuten
16.06.2012
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»Na meine Kleine, hier hast Du einen Keks!« - dass man von fremden Menschen keine Süßigkeiten annehmen soll, lernen Kinder von klein auf.
»Na meine Kleine, hier hast Du einen Keks!« - dass man von fremden Menschen keine Süßigkeiten annehmen soll, lernen Kinder von klein auf. Dass auch die im Internet verteilten Cookies nur namentlich von unschuldiger Süße sind, sollte inzwischen ebenfalls zum allgemeinen Bildungskanon gehören. Diese klebrigen Textdateien heften sich an vorbeisurfende Browser - und spalten von hier an die Gemüter. Sie sind hilfreich, etwa weil der Computer beim erneuten Besuch einer Website wiedererkannt wird und diese schneller laden kann, aber auch für den Blogger, der durch Visitor-Tracking herausfinden kann, wer wie lange was auf seiner Seite angeschaut hat, oder für das passgenaue Einblenden von Werbung.
Und sie sind umstritten, zum Beispiel weil sich mit ihrer Hilfe ziemlich exakte Daten über das Surfverhalten des Users sammeln lassen. Und zwar nicht nur von Webseiten, die direkt besucht worden sind, sondern auch von Dritten. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist Facebook: Ist es dem Sozialen Netzwerk erstmal gelungen, seinen Cookie im fremden Browser einzunisten, liest es fleißig Daten aus. Auch bei denen, die nicht einmal einen Facebook-Account haben.
Gegen dieses Tracking durch Dritte, sei es durch Analyse-Dienste, Werbungs-Vermarkter oder soziale Medien, will das Projekt der Stanford-University "Do not track" Abhilfe schaffen: durch ein einziges, simples Opt-out-Verfahren, dass dann für alle datensammelwütigen Dritt-Seiten gilt.
Die EU hält die Möglichkeit, sich durch Opt-out vor Cookies zu schützen, für den falschen Ansatz: Viel mehr sollten die User grundsätzlich darüber entscheiden dürfen, ob ein Cookie überhaupt gesetzt werden darf. Ein Opt-in-Verfahren also. Eine entsprechende Richtlinie von 2009 hätte eigentlich bereits im letzten Jahr in Deutschland umgesetzt werden sollen.
Und in den USA wird derzeit ganz grundsätzlich diskutiert, ob das Tracking nicht gesetzwidrig ist. Sollte dies der Fall sein, droht eine Klageflut - die Facebook letztlich teuer zu stehen kommen könnte. Aber nicht nur das: Auch die »Innovation für das Netz von morgen« könnte auf der Strecke bleiben, schreibt Antonio Regalado in der Technologie Review.
Wo hört Innovation auf und wo fängt der Verbraucherschutz an? Darüber sprechen wir mit dem Technik-Journalisten Falk LükeFalk Lüke und Stephan Noller, Geschäftsführer eines Unternehmens für Online-Marketing.

Weiterführende Links:
Das World Wide Web Consortium W3C zu Do Not Track [6. Juni 2012]
Rückschlag für "Do Not Track": Microsofts Internet Explorer 10 schaltet Anti-Tracking-Funktion standardmäßig aus



Foto: flickr cc by-nc-sa/mikoosij