Despotismus oder Kuschelkurs?

"Man kann als Regisseur nicht demokratisch agieren"

Regisseur Andres Veiel bei der Pressekonferenz zu seinem Film "Beuys"
Regisseur Andres Veiel bei der Pressekonferenz zu seinem Film "Beuys" © picture alliance / Gregor Fischer/dpa
Moderation: Anke Schaefer · 06.02.2018
Wo Kunst entsteht, ist der Schmerz oft nicht weit: Regisseur Andres Veiel hält einen Kuschelkurs bei Film- oder Theaterproduktionen schlechterdings für unmöglich. Er glaube dennoch, dass Regisseuren in der Regel klar sei, "dass Menschen in der Angst nicht besser werden".
Im Zuge der #MeToo-Debatte wird die Kritik gegenüber Theaterregisseuren laut, aggressiv gegenüber Schauspielerinnen zu agieren. In einem offenen Brief behaupteten Mitarbeiter des Wiener Burgtheaters, dass dort unter dem ehemaligen Intendanten Matthias Hartmann eine Atmosphäre der Angst geherrscht habe.
Für den Film- und Theaterregisseur Andres Veiel hängt dieses Klima mit den "rest-feudalen Strukturen des Theaters" zusammen, aber auch mit den Schwierigkeiten des künstlerischen Prozesses.
"Man kann nicht demokratisch agieren", sagte Veiel im Deutschlandfunk Kultur. Der Regisseur sei nun mal jemand, der unten sitzt und korrigiere.

Künstlerische Freiheit erzeugt Druck

Während die Schauspieler auf der Bühne agierten, treffe er die Entscheidungen, und zwar in einem sehr sensiblen Bereich:
"Er erlebt Menschen natürlich in ihrer Verletzbarkeit, muss damit auch arbeiten. Schauspieler setzen sich ja in einer Art und Weise wie in keinem anderen Beruf aus. (...) Natürlich ist es auch wichtig, einem Schauspieler zu sagen, dass er etwas falsch macht und es auch nachdrücklich zu sagen - bis zu dem Punkt, wenn es gar nicht funktioniert, dass man ihn austauschen kann. Also das ist eben die künstlerische Freiheit, auch die künstlerische Verantwortung, und das erzeugt Druck."

Zone des Misstrauens

Die Frage sei aber, ob ein Regisseur das ausnutze und eine "Zone des Misstrauens" und der Demütigung schaffe oder ob er einen anderen Weg gehe. Er glaube, sagte Veiel, dass Regisseure eigentlich wüssten, "dass Menschen in der Angst nicht besser werden".
Auch er selbst habe einmal erlebt, dass er in der Rolle des Regisseurs gescheitert sei. So habe eine Schauspielerin ihn bei einer Produktion "massiv provoziert" und ihm damit die Kompetenz abgesprochen. Darauf habe er sie rausgeworfen, "und 14 Tage später habe ich sie zurückgeholt". Erst nach diesem Vorfall habe man im "Modus der Akzeptanz" arbeiten können, meinte Veiel. Seitdem wisse er, wie wichtig es ist, "Grenzen deutlich zu machen":
"Wenn wir alle nur nett zueinander sind, funktioniert es nicht."

Die komplette Sendung mit Andres Veiel hören Sie hier:
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