Der Mann aus dem Hotel Ruanda

Von Jörg Taszman · 05.04.2005
Diese Woche kommt mit "Hotel Ruanda" ein Film in die Kinos, der die Geschichte von Paul Rusesabagina erzählt, ein Hutu der mit einer Tutsi-Frau verheiratet war und in den schrecklichen 100 Tagen im Sommer 1994 über 1200 Menschen, vor allem Tutsi, das Leben rettete. Im Februar zur Berlinale kam Paul Rusesabagina nach Berlin.
Seit 1996 lebt Paul Rusesabagina in Brüssel und er bezeichnet sich als politischen Flüchtling. Während seine Geschichte durch den Film "Hotel Ruanda" um die Welt geht und er im Westen als Held gefeiert wird, sieht er sich selbst viel nüchterner. Und in seiner Heimat Ruanda haben ihm die neuen Machthaber eher misstraut und ihn bedroht. Wie sieht er dort heute die politische Lage?

Paul Rusesabagina: "Ich würde nicht sagen, dass sich etwas verbessert hat. Ruanda ist immer noch Ruanda. Die Situation heute sieht so aus, dass es Sieger und Verlierer gibt. Damit hat sich jedoch die Lage nicht verbessert. Man kann niemals von Demokratie sprechen, wenn eine Minderheit das Sagen hat, die mit Mitteln der Einschüchterung regiert. "

Sehr sachlich erklärt Paul Rusesabagina die Ursachen, die zum Völkermord führten. So hatten die weißen Kolonialherren, die Belgier den Rassismus zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Hutu und der Minderheit der Tutsi erst entfacht, in dem sie die Tutsi besser stellten. In einer quasi feudalen Gesellschaft waren die Tutsi gebildeter und verfügten auch über mehr wirtschaftliche Macht und Landbesitz.

Die Unabhängigkeit 1959 war dann eher eine Hutu-Revolution. Viele Tutsi emigrierten, gründeten im Dschungel eine Rebellenarmee und kämpften gegen die Hutu-Regierung. Als es dann 1994 zu einem Friedensabkommen kam und die UN Truppen nach Ruanda schickte, glaubte Paul Rusesabagina, der Frieden sei gekommen. Aber nachdem Hutu-Militärs nach Unterzeichnung des Abkommens den eigenen Präsidenten in seinem Flugzeug abschossen und dafür die Tutsi verantwortlich machten, brach der organisierte Völkermord aus.

Der Westen evakuierte nur die weißen Nicht-Afrikaner und zog die wenigen UN Soldaten aus Ruanda ab. Auch heute geschehen in Afrika Völkermorde wie im Kongo. Und wieder gelingt es der UNO nicht angemessen zu reagieren. Was aber könnte Afrika helfen?

Rusesabagina: "Afrikaner sollten nicht von Verbrechern regiert werden, von Schlägertypen, die aus dem Dschungel kommen. Sie zerstören alles. Und unterstützt werden sie immer von einer westlichen Supermacht. Das ist das größte Problem überall in Afrika. Die UN müsste eine eigene Armee haben, die effektiv ist und auch eingreift. "

Paul Rusesabagina sagt heute die Geschehnisse während des Völkermordes und das Verhalten des Westens haben aus ihm einen sehr viel misstrauischeren Mann gemacht. Seit neun Jahren lebt er nun in Belgien. Wann, glaubt er, wird man Afrikaner im Westen endlich ernst nehmen?

Rusesabagina: "Wir sollten alle zu euch in den Westen kommen und uns dort mit euch vermischen. Nur so werdet ihr uns respektieren und unsere Werte kennen lernen. Erst wenn ihr unsere Werte kennen lernt, werdet ihr uns respektieren. "
Bei dem Genozid in Ruanda kamen über 800.000 Menschen ums Leben.
Bei dem Genozid in Ruanda kamen über 800.000 Menschen ums Leben.© AP