Der Klang geht unter die Haut

Von Gerhard Richter · 24.05.2013
Die Pfarrei St. Anton in Augsburg legt großen Wert auf Musik. Es gibt vier Kinderchöre, zwei gemischte Kirchenchöre und einen Stimmbildungschor. Das nach außen hin erfolgreichste Projekt ist aber der Kammerchor Choro d´Arte. Sowohl was die Finanzierung als auch die Musik betrifft.
Mittwoch, 19.30 Uhr. Von den zwei Türmen der Kirche St. Anton läuten die Glocken, drinnen im Gemeinderaum begrüßt Stefan Nerf die Sängerinnen und Sänger seines selbst gegründeten Chores.

"Ja, als ich ankam an der Stelle hier als Chordirektor St. Anton, waren wenig Sänger übrig in der Chorgemeinschaft. Die hab ich dann versucht, neu aufzubauen. Und nebenbei parallel einen Kammerchor gleich noch dazu ins Angebot zu nehmen. Das ist dieser Chor, der heißt Choro d´Arte St. Anton …""

Dieses Volkslied hat Chorleiter Stefan Nerf eigenhändig arrangiert, extra für das deutsche Chorfest in Frankfurt 2012. Ein Wettbewerb unter fast 500 Chören.

"Also drei vier Tage lang in einer Tour Musik, also das war wirklich ein schönes Erlebnis, hatte ich vorher auch noch nie so in der Art. In unserer Gruppe sind wir, glaub ich, im Mittelfeld gelandet, aber gut, war auch ´Kunststufe`, so eine der höchsten Kategorien, die man da haben konnte. Ja, wir haben uns da nicht so schlecht geschlagen."
Thomas Bertossi ist ausgebildeter Kirchenmusiker. Hier bei Choro d`Arte hilft er als Solist aus. Weil er den Chorleiter kennt und dessen Kammerchor. Chor d´Arte besteht aus etwa 40 handverlesenen Mitgliedern. Wer in den Chor will, muss zuerst zwei drei Proben besuchen, und danach noch mal bei Stefan Nerf, dem Chorleiter vorsingen.

"Das war weiter nicht schlimm. Unser Chorleiter hat ein paar Sachen am Klavier vorgespielt, das musste man nachsingen. Und dann hat er versucht, einen anhand dessen in die Stimmgruppe einzubauen und einzufügen, und dann war ich mittendrin."

Verena Laupheimer singt schon seit sie fünf ist, war bereits in mehreren Chören. Hier bei Choro d'Arte kann sie sich weiter entwickeln, bekommt sogar Stimmbildung. Am Chor schätzt die Altistin das kleine Ensemble, die A-capella-Stücke und die Auswahl geistlicher Chormusik aus mehreren Jahrhunderten. Sie mag auch die modernen Kompositionen. Da kann es schon sein, dass der 46-jährigen Pflegedienstleiterin der Klang unter die Haut geht.

"Das ist ein sehr eigener Reiz. Dann kommt dieses Gänsehautgefühl, und ich find das auch sehr wichtig, unterstützt einfach die Anspannung, die Körperspannung, die man auch braucht, um präsent zu sein und eine richtig gute Musik zu machen."

Neben der zeitgenössischen Musik pflegt Choro d`Arte auch die alten Meister der Kirchenmusik, wie Bach oder Händel.

Solche Aufführungen mit Solisten und Orchester kosten Geld, aber Choro d´Arte geht da einen pfiffigen Weg der Finanzierung. Neben der Kirchenstiftung St. Anton hat der Choro d´ Arte eine sogenannte Zustiftung gegründet - Stiftungsziel ist die Förderung der Kirchenmusik. Ein ideales Finanzkonstrukt für Spender und Sponsoren, sagt Markus Grünwald. Im Hauptberuf ist er Bänker, im Chor singt er Bass und leitet die Geschäfte der Stiftung.
"Mit in die Stiftung fließen auch Gelder ein von Sponsoren und da sind wir gerade ein bisschen dabei, ein Konzept zu entwickeln, einfach Firmen zu finden - Werbung vor Ort mit Chormusik - das ist für den ein oder anderen sehr lukrativ."
Als Gegenleistung erscheinen dann deren Name und Firmenlogo auf dem Programmheft der Stadtpfarrei. In Augsburg, der alten Handelsmetropole, weiß man Beziehungen zu schätzen. Auch ins Ausland. Choro d`Arte besucht gern Partnerchöre, bisher in Spanien und Polen und gibt dort Konzerte.

Stefan Nerf: "Man wohnt dann bei Chormitgliedern, und das ist wunderschön. Also man kommt quasi im Ausland an, ist dann sofort involviert in die Kultur. Raus aus dem Bus, egal wo, rein ins Auto, in die Wohnung rein. Und dann Begegnung, Essen, man hat dann ein schönes Kulturprogramm, das ist sehr intensiv."

Auf der anderen Seite laden die Sängerinnen und Sänger von Choro d´Arte auch Chöre aus Spanien und Polen ein und beherbergen sie bei sich in Augsburg. In diesem Jahr fährt der Chor nach Italien an den Gardasee. Choro d´Arte tritt in schwarzen Anzügen und Kleidern auf, mit kleinen roten Accessoires. Zweifarbig und zwölfstimmig.

Verena Laupheimer: "Also die eigene Stimme zu hören und gleichzeitig mitzukriegen, was die anderen machen, das ist die Herausforderung und das ist das, wo jedes Chormitglied beiträgt zum Gesamtklang."

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.