Der Fall Rosemarie Koczy

Kann man Werk und Autor trennen?

Ausschnitt eines Gemäldes von Rosemarie Koczy in der Recklinghäuser Ausstellung
Ausschnitt eines Gemäldes von Rosemarie Koczy in der Recklinghäuser Ausstellung © dpa / picture alliance / Caroline Seidel
Jürgen Kaumkötter im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 08.11.2017
Rosemarie Koczys Bilder und Skulpturen spiegeln den Schrecken des Holocausts wieder. Sie selbst sagte von sich, jüdischer Abstammung und im Konzentrationslager gewesen zu sein. Dies hat sich nun an falsch herausgestellt.
In ihrer Heimatstadt Recklinghausen wurde eine überraschende Entdeckung gemacht: Anders als Rosemarie Koczy in ihrer Biografie angibt, ist die Künstlerin weder jüdischer Abstammung noch war sie als Kind im Konzentrationslager Traunstein, einer Außenstelle des KZ Dachau.
Im Deutschlandfunk Kultur sagte der Kunsthistoriker Jürgen Kaumkötter über den Fall Rosemarie Koczy: Die Kunst der Überlebenden der Shoa sei auch immer ein Teil der Biografie. Das sei immanent. Wenn aber jemand sein Biografie gefälscht und eine Lüge aufgebaut habe, dann sei auch das Werk damit kein Zeugnis des Schreckens, kein Zeugnis dessen, was man erlebt habe.

Hören Sie hier auch unser Gespräch mit Hans-Jürgen Schwalm, Direktor der Kunsthalle Recklinghausen, über den Fall Koczy:
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"Kein Zeugnis des Schreckens"

Nun müsse man klären, welche Motivation Koczy gehabt habe, ihr Leben zu fälschen, so Kaumkötter weiter. Wollte sie am Kunstmarkt bestehen? Oder sei die Lüge aus einer ganz anderen Motivation entstanden?
In der Gedenkstätte Yad Vashem könne man die Bilder von Rosemarie Koczy nun nicht mehr im Ausstellungskontinuum zeigen, betonte Kaumkötter. Denn: "Diese Zeugenschaft ist ja nicht mehr existent." Allerdings - so der Kunsthistoriker weiter - komme es ja aus einer bestimmten Motivation heraus. Und auch Künstler, die nicht Überlebende waren, hätten sich mit der Shoa befasst.
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