Der Fall Demjanjuk

Von Christoph Cöln · 30.11.2009
Nach seiner Auslieferung aus den USA wird Demjanjuk in München der Prozess gemacht. Der 89-Jährige muss sich vor dem Landgericht wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 27.000 Juden verantworten. Die Anklage wirft ihm vor, 1943 als Aufseher des Vernichtungslagers Sobibor die Menschen in die Gaskammern getrieben zu haben. Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe.
Als "Iwan der Schreckliche" wurde John Demjanjuk 1988 in Israel zum Tode verurteilt. Man hatte ihm zur Last gelegt, sich im KZ Treblinka an Massenmorden beteiligt zu haben. Fünf Jahre später hob der Oberste Israelische Gerichtshof das Urteil wieder auf, weil man ihn mit dem Ukrainer Iwan Martschenko verwechselt hatte.

Der Beiname "Iwan der Schreckliche" würde aber wohl genauso für Demjanjuk selbst passen. Denn dem 1920 in der Ukraine als Iwan Mykolajowytsch Demjanjuk geborenen Mann wird Beihilfe zum Mord in mindestens 27.900 Fällen vorgeworfen. Von März bis September 1943 soll er Mitglied der ukrainischen Wachmannschaften im KZ Sobibor gewesen sein. Diese "Trawniki" genannten Männer waren gefürchtete Handlanger der Nazis. Sie halfen dabei, allein in Sobibor bis zu 250.000 Menschen umzubringen.

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs tauchte Demjanjuk zunächst in einem Flüchtlingslager bei München unter. 1952 wanderte er dann in die USA aus, nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und nannte sich nun John Demjanjuk. Seit einigen Jahren hat die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg umfangreiches Beweismaterial gegen ihn gesammelt. 2005 begann ein juristisches Tauziehen um seine Auslieferung nach Deutschland. Erst im Mai dieses Jahres ermöglichte es der Oberste Gerichtshof der USA, dass der 89-Jährige den deutschen Behörden überstellt wurde. Seit heute wird Demjanjuk vor dem Landgericht München der Prozess gemacht.

Das Gespräch zum Thema mit Kurt Schrimm, Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen, Ludwigsburg, können Sie mindestens bis zum 30.4.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
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