"Der Albaner"

Von Hans-Ulrich Pönack · 03.08.2011
Der junge Albaner Arben will in Deutschland das schnelle Geld machen, um seine Jugendliebe Etleva heiraten zu können. Doch als er im Westen ankommt, merkt er, wie beschwerlich das Leben als Immigrant in einem reichen Land ist. Ein berührender, ansprechender Film.
Es ist immer dasselbe: Wenn wir in der Zeitung lesen, im Radio hören, im TV sehen und hören von dieser Armut dort und von unserem Reichtum hier, dann nicken wir beifällig, um sogleich zur nächsten Meldung überzugehen. Dies ist "halt so", was sollen wir denn machen. Wir spenden ja, wir finden auch, dass es auf dieser Welt reichlich ungerecht zugeht, aber was können wir denn dafür, dass wir hier gut und gesichert leben. Und wenn wir dann von den Schicksalen der vielen illegalen Flüchtlinge und Einwanderer hören, sind wir kurz betroffen, um dann sogleich wieder in unseren Alltag einzutauchen.

Was sollten, was könnten wir denn auch machen? Außer für Momente "betroffen" zu sein? Wenn wir aber dann über einen längeren Zeitungsartikel und mehr noch, wegen der Direktbilder, über einen wahrhaftigen, spannenden Spielfilm an einen Menschen herangeführt werden, der versucht, aus diesem Teufelskreis von Armut und Perspektivlosigkeit auszubrechen, um ein halbwegs würdevolles Menschendasein führen zu können, geht es ans Eingemachte, geht es uns nahe.

Solch ein Film ist "Der Albaner". Der im Titel schon Blick und Inhalt ausdrückt: Albanien, das ärmste Land in Europa. Die Menschen verhaftet in Tradition, Ritual, Glauben. Die Jungen wie Arben hören vom reichen Europa, sehen davon etwas, wenn sie regelmäßig mit den Vätern und Onkeln als Gastarbeiter nach Griechenland ziehen, um Geld zu verdienen, das der Familie zu Hause das Überleben sichert.

Arben und Etleva. Sie ist die Tochter eines Nachbarn, seine heimliche Liebe. Als sie schwanger wird, verlangt ihr Vater 10.000 Euro für "voreheliche Unzucht" und die Hochzeit. Und die Ehre. Oder umgekehrt. Arben will das Geld auftreiben im reichen Deutschland. Er macht sich allein auf den Weg und kommt als Illegaler hierher. In die Hauptstadt, ohne Visum und Sprachkenntnisse. Was er hier erlebt, erst bei einer Reinigungsfirma, dann bei einer Schlepperbande, führt hiesige Begriffe wie Anstand, Moral, Mitgefühl, also "demokratische Sauberkeit", ad absurdum. Arben passt sich bald an und kämpft vehement für sein persönliches Glück.

Keine simple Trauerrede. Kein Betroffenheitsfilm mit belehrenden Ausrufungszeichen. Kein klischeehafter Stoff um Mehr-oder-weniger-Schuld. Sondern die Geschichte um einen Menschen, der auf seinen Platz beharrt, in unserer Umgebung. Der viel einstecken und dann austeilen muss, um durchzukommen. Der Film ist die Vermittlung von Informationen auf eindringliche Weise. In Form von berührendem, ansprechendem Kino mit starken Kontrasten. Zwischen faszinierendem albanischem Landschaftspanorama und düsteren, nasskalten Berlin-Motiven. Seelenzustands-Bilder mit viel Wirkung.

Der 1972 in Baden-Baden geborene Drehbuchautor und Regisseur Johannes Naber hat an der Filmakademie Baden Württemberg in Ludwigsburg studiert. "Der Albaner" ist sein erster eigener Spielfilm, für den er zu Jahresbeginn in Saarbrücken den "Max Ophüls-Preis"erhielt. Die Hauptrolle des Arben spielt Nik Xhelilaj. Ein spannender, charismatischer Schauspieler, der mich in seiner äußeren Stille, in seiner ausdrucksstarken Melancholie und seiner packenden inneren Wut sehr stark an den "polnischen James Dean" Zbigniew Cybulski aus "Asche und Diamant" von Andrzej Wajda erinnert. Auf dem Filmfestival von Moskau wurde Xhelilaj dafür im Vorjahr mit dem Preis als "Bester Schauspieler" belobigt.

Deutschland / Albanien 2010; Regie: Johannes Naber; Darsteller: Nik Xhelilaj, Xhejlane Terbunja, Ivan Shvedoff; ab 12 Jahren; 107 Minuten

Filmhomepage "Der Albaner"