Den Volksparteien läuft das Volk weg

Die GroKo als "Notgemeinschaft"

Beim politischen Aschermittwoch der SPD in Schwerte am 14.02.2018 hält ein Mann ein NoGroKo-Schild hoch.
"NoGroKo" – dieser Mann zeigt beim politischen Aschermittwoch der SPD ganz demonstrativ, dass er nichts von der GroKo hält. © dpa / picture-alliance
Christine Landfried und Manfred Güllner im Gespräch mit Matthias Hanselmann  · 17.02.2018
Das ewige Hin und Her um die Regierungsbildung hat dem Ansehen der etablierten Parteien geschadet. Vor allem die SPD befindet sich im freien Fall und liegt mit nur 16 Prozent gerade mal ein Prozent vor der AfD. Doch es gibt auch Hoffnung.
Was für ein Trauerspiel für die Parteien, die – eigentlich – die neue große Koalition bilden sollen. Beides Volksparteien, denen offensichtlich das Volk wegläuft. Und was bieten diese Parteien – besonders die SPD – derzeit für ein Schauspiel um Macht und Postengerangel. Aber liegt in all dem nicht auch eine Chance?
Die Jüngeren begehren auf gegen das Kungeln in den Hinterzimmern; in der als "Kanzlerwahlverein" gescholtenen CDU wird offen über die Nachfolge Angela Merkels diskutiert, der Mitgliederentscheid hat der der SPD neuen Schwung an der Basis verliehen.

Die SPD ist nur noch mit sich selbst beschäftigt

"Die einst so stolze Volkspartei SPD muss aufpassen, nicht zum Gespött zu verkommen", sagt Prof. Manfred Güllner, Geschäftsführer des forsa-Instituts, einem der führenden Umfrageinstitute in Deutschland. Die Sozialdemokraten seien nur noch mit sich selbst beschäftigt, das beschädige auch das Ansehen der Parteien generell.
"Man muss sehen, wenn man das System nicht gefährden will, dass die Bindewirkung der Parteien wieder hergestellt wird. Und das geht über Personen und nicht über Inhalte, wie es die SPD immer sagt."
Die geplante große Koalition komme nicht gut weg in Umfragen:
"86 Prozent der Befragten empfinden die GroKo nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen und in Ermangelung attraktiver Alternativen eher als 'Notgemeinschaft'."

Intrigen à la Shakespeare

"Man erinnert sich an Shakespeare", sagt Prof. Dr. Christine Landfried, Politikwissenschaftlerin und Senior Fellow an der Hertie School of Governance in Berlin. Ein derartiges Schauspiel voller Intrigen, wie es die SPD biete, habe sie noch nicht erlebt. Dazu das Platzen der Jamaika-Koalition, die monatelange Suche nach einer neuen Regierung – das alles führe zu einer Entfremdung der Politiker, der Volksvertreter, von ihrem Volk: "Man kann das gar nicht mehr verdrossen nennen."

Die AfD profitiert von der Krise

Die Bürger hätten ein sehr gutes Bauchgefühl für das, was da derzeit gespielt werde. Und bei all dem sei die AfD die lachende Dritte: "Die brauchen gar nichts machen, nur zuzugucken."
Die Politikwissenschaftlerin sieht aber auch eine Chance in der Regierungssuche:
"Es wird wieder deutlich, dass die Parteien doch sehr unterschiedlich sind, auch ihre Programme; das hat man auch bei den Jamaika-Verhandlungen gesehen. Und man sieht es an der Streitkultur."
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