DEFA-Mitbegründer und DDR-Filmregisseur

Von Hendrik Feindt · 25.01.2011
Die als "Ehe im Schatten" 1947 verfilmte Novelle war seine bekannteste Regiearbeit, daneben drehte er bis 1975 mehr als 20 Filme für die DEFA. Sein Werk "Das Kaninchen bin ich" wurde von der SED-Führung in die Archive gepackt.
"Etwas, was mich besonders getroffen hat:","

notierte die Schriftstellerin Brigitte Reimann im Dezember 1965 in ihr Tagebuch,

""Das 'Kaninchen' ist von den Produzenten zurückgezogen worden, freiwillig, versteht sich, und
aus Einsicht. Armer Maetzig."

Kurt Maetzig ist der Regisseur des Films "Das Kaninchen bin ich", der es seinerzeit, 1965, unternahm, das systemerhaltende Zusammenspiel von persönlichem Karrierismus und politischer Strafjustiz vor Ohren und vor Augen zu führen. Erst ein Vierteljahrhundert später, nach dem Fall der Berliner Mauer, bekam er seinen Film wieder zu sehen:

" ... ich konnte längere Zeit gar nichts sagen, und zwar deshalb, weil ich so stark wie nie zuvor fühlte, wie anders hätte sich alles entwickeln können, wenn wir damals, zu Anfang der 60er- Jahre, mit unserem Versuch, den Stalinismus anzugreifen, Erfolg gehabt hätten."

Einer ganzen Jahresproduktion der DEFA, darunter dem "Kaninchen" von Maetzig und der "Spur der Steine" von Frank Beyer, hatte damals das 11. Plenum des Zentralkomitees der SED auf Dauer sein Publikum verwehrt. Maetzigs letzte bedeutende Arbeit verschwand im Archiv. Ganz anders dagegen sein Erstling "Ehe im Schatten", der als erfolgreichster deutscher Nachkriegsfilm in den Annalen steht und in den Kinos der Sowjetischen Besatzungszone von mehr als zehn Millionen Menschen gesehen wurde. "Ehe im Schatten" zeigt das Leben und den gemeinsamen Freitod eines deutsch-jüdischen Schauspielerehepaars, das während des Nationalsozialismus verfolgt und - vergeblich - zur Scheidung gedrängt worden ist. Ausschnitt aus "Ehe im Schatten":

"Ja, ich meine Ihre persönliche Sicherheit, Herr Wieland."
"Was meinen Sie?"
"Ich will mit Ihnen überlegen, wie wir Sie aus der Sache herausbekommen. Ich will Ihnen beweisen, dass ich Ihnen immer noch freundschaftlich gesinnt bin. Ich will mich persönlich für Sie einsetzen, falls Sie hier sofort protokollarisch Ihre Scheidung einreichen."
"Sagen Sie mal, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, mir einen solchen Vorschlag zu machen?"

Kurt Maetzig, am 25. Januar 1911 in Berlin-Charlottenburg geboren, ist erst spät Filmemacher geworden, früh aber bereits für die Filmindustrie tätig: Als Jugendlicher volontiert Maetzig in der Filmkopieranstalt seines Vaters; zwischen 1935 und 1937 betreibt er in Berlin-Kreuzberg ein. Trickfilmatelier, bis ihn die Reichsfilmkammer aufgrund der jüdischen Abstammung seiner Mutter von der Filmarbeit ausschließen wird; und in den ersten Monaten nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird er in Potsdam-Babelsberg Mitbegründer der DEFA, wo er sich anfangs für die schwierige Neuerung des Dokumentarfilms, vor allem der Wochenschau, einsetzt. Dann aber erreicht ihn eine Film-Novelle des Münchner Intendanten Hans Schweikart. Kurt Maetzig:

"... als ich die gelesen hatte, wusste ich sofort zwei Dinge: Erstens, ich muss diesen Film selber machen, denn ich hatte im Kreis meiner Familie und im weiteren Umkreis der Freunde und vieler anderen so viel ähnliche und schreckliche Schicksale miterlebt, aber das war nicht das Einzige. Sondern ich war sehr enttäuscht von der Haltung der deutschen Intellektuellen gegenüber dem Faschismus. Die drückt sich im Film durch diese Linie aus: 'Es wird schon nicht so schlimm'."

Die als "Ehe im Schatten" 1947 verfilmte Novelle sollte Kurt Maetzigs bekannteste Regiearbeit bleiben. Danach drehte er bis 1975 mehr als zwanzig Spielfilme für die DEFA, die diverse Genres erprobt haben: etwa die proletarische Komödie mit den "Buntkarierten", das monumentale Heroenporträt mit dem Zweiteiler "Ernst Thälmann" oder die Science Fiction mit "Der schweigende Stern" nach einem Roman von Stanislaw Lem. Einmal, für den "Rat der Götter" über die Verflechtung der IG Farben mit dem NS-Staat, hatte er 1950 sogar den Komponisten Hanns Eisler für sich gewinnen können. Ein schönes Beispiel für eine gelungene Synthese von Film- und Kompositionsgeschichte.