Debütalbum des Trompeters Matthias Lindermayr

Schmiegt sich buddhistisch ins Ohr

"Lang Tang" - das neue Album des Trompeters Mathias Lindermayr
Der Trompeter Mathias Lindermayr. © Hannes Rohrer
Von Johannes Kaiser · 13.07.2015
In Deutschland gibt es u.a. mit Till Brönner und Sebastian Studnitzky einige erstklassige Jazz-Trompeter. Mit Matthias Lindermayr steht nun ein neues Ausnahme-Talent in den Startlöchern. Die entspannte Herangehensweise auf seinem Debüt ist beeindruckend.
Matthias Lindermayr: "Ich war mal in Nepal mit meiner Freundin zusammen und wir haben da so eine lange Wanderung gemacht durch Lang Tang, ein Tal dort und also dieses Lang Tang Stück hat mich einfach ein bisschen an so ein tiefes, es war auch ein bisschen dunkel, also es war also irgendwie zur Regenzeit, als es war nicht so ein strahlender Sonnenschein, sondern ein bisschen so eine mystische Stimmung und dann kommt man immer an so kleinen buddhistischen Klöstern vorbei und dann regnet es immer so ein bisschen und immer ein bisschen so eine Stimmung kommt auch in dem Stück rüber."
Den 28-jährigen Trompeter Matthias Lindermayr muss das Naturereignis in Nepal doch so nachhaltig beeindruckt haben, dass er sein ganzes Debütalbum nach dem Tal Lang Tang benannt hat. Wer will, kann auf der ganzen Platte einen Hauch jener Ruhe und Gelassenheit entdecken, die den Buddhismus prägt. Matthias Lindermayr hat jedenfalls eine sehr entspannte Musik eingespielt, die sich sanft ins Ohr schmiegt und das verdankt sie an erster Stelle dem ungewöhnlich warmen, weichen Trompetenton des Musikers. Der nimmt sich in allen elf Stücken viel Zeit, schöne Melodienbögen zu blasen, hat den Mut zur Pause, zur Stille. Seine Technik ist erstaunlich ausgefeilt und reif. Das mag daran liegen, dass er sich in vielen Musikrichtungen erprobt hat, sowohl Klassik beherrscht, also auch Pop und Jazz und durchaus aufgeschlossen ist für Experimente.
"Zum einen interessiert es mich sehr, eine Trompete so klingen zu lassen, wie sie eigentlich normalerweise nicht klingt, also wirklich so einen weichen Ton und mal versuchen, wie ein anderes Instrument zu klingen. Da gibt es ja auch zum Beispiel den Arve Henriksen, der da ganz viel experimentiert und der dann teilweise wie eine Flöte klingt oder auch so neue junge Leute wie der Ambrose Akinmusire oder so Typen, wie sie einen ganz neuen Sound entwickeln, aber auf der anderen Seite fasziniert mich natürlich auch, wie eine klassische Trompete klingt oder wie eine Trompete in einer Bigband klingt. Also ich versuche ganz viele verschiedene Sounds da rauszukriegen und irgendwie die verschiedenen Seiten des Instruments zu erforschen."
Frühzeitig hat Matthias Lindermayr angefangen, eigene Musik zu schreiben. Sein Trompetenlehrer in München hat ihn ermutigt, viel selbst zu komponieren, einfach auszuprobieren, was geht und hat ihn dann sogar für seine Bigband erste Stücke schreiben lassen.
"Ich mein, im Jazz geht es hier immer darum, eine eigene Stimme zu finden und ich find, in dem Zusammenhang ist es dann auch ganz wichtig, dass man seine eigene Musik schreibt. Da ist es, glaube ich, am Einfachsten, seine eigene Stimme zu entwickeln und wenn man es dann da kann, dann kann man es vielleicht auch auf Fremdkomposition leichter übertragen, wenn man erst einmal für sich herausgefunden hat, so was ist meine Art zu spielen und wie passt das jetzt dann zur Musik von anderen Leuten."
Verzaubert, berührt und macht Lust auf mehr
Von den elf Stücke der Debütalbums stammen acht aus der Feder des Trompeters. Er lässt seinen Mitspielern, dem Gitarristen Azhar Kamal, dem Pianisten Roberto Di Gioia, dem Schlagzeuger Maximilian Hirning und den Bassisten Andreas Kurz viel Raum für eigene Ideen. Sie alle kennen Matthias Lindermayr schon eine ganze Weile und wissen genau, was er sich vorstellt, und er wiederum weiß, was er von ihnen zu erwarten hat. Sie sollen ihre eigene Stimme mit einbringen, denn das wertet für den Trompeter seine Musik nur auf. Für die Platte haben sie allerdings weitgehend auf Improvisationen und Soli verzichtet. Die Stücke sind denn auch für Jazz relativ kurz, in der Regel zwischen drei und fünf Minuten lang. Die Liveversionen im Konzert sind erheblich ausgedehnter. Drei der Stücke sind Coverversionen von Songs von Radiohead, Feist und Björk.
"Die Art, wie ich jetzt auf der CD spiele oder wie ich auch generell spiele bei so lyrischen Stücken, ist eben auch beeinflusst nicht nur von Trompetern, sondern auch von Sängern. Das ist so ein bisschen das Konzept von dieser CD eben auch. Das ist jetzt vielleicht kein klassisches Jazzalbum, wo man am Anfang irgendwie zusammen ein Thema spielt und dann gehen die Akkorde weiter und jeder spielt irgendwie sein Solo drüber, sondern es ist so auch ein bisschen vom Arrangement eher wie ein Gesangsalbum geplant eigentlich. Die Trompete ist relativ laut im Vordergrund, im Mittelpunkt und der Rest ist mehr so eine Begleitung drum rum. Also es ist eigentlich eher an Gesangsplatten angelehnt als reine Instrumentalplatte zu sehen, was es natürlich ist, weil es eine reine Instrumentalplatte ist, aber vom Konzept ist es eher von Gesangsmusik inspiriert."
Bewusst hat Matthias Lindermayr auf seiner ersten Platte auf kräftige, heftige Töne verzichtet. Die sollen auf einer nächsten CD ihren Platz finden. So ist das Debüt eher elegisch-sanft, freundlich-verspielt, sehr harmonisch und bisweilen ein wenig melancholisch im Tonfall. Der Trompeter hat dabei auf alle Elektronik verzichtet, die er durchaus beherrscht und in anderen Bands auch nutzt. Die Zurückhaltung ist der neuen Trompete geschuldet:
"So ein halbes Jahr, bevor ich mit der CD angefangen habe, habe ich mir eine neue Trompete gekauft und war irgendwie so fasziniert von dem Sound, wie die einfach nur so klingt, wenn man irgendwie nah ans Mikro geht und einen Ton spielt, dass ich da nichts anderes drauf haben wollte. Ich fand einfach den Sound so schön, dass ich mir da dachte, also wenn man da noch irgendwas drauf packt, dann klingt das irgendwie nicht mehr schön, deswegen habe ich das einfach so rein behalten."
Ein Trompetenton, der berührt und verzaubert, Lust auf mehr macht. Den Namen Matthias Lindermayr sollte man sich gut merken.
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