"David wants to fly"

Kolumne von Jürgen Stratmann · 13.02.2010
Filmregisseur David Lynch ist zwar kein Scientologe wie Tom Cruise, aber Anhänger der Transzendentalen Meditation, einer indisch inspirierten Sekte, die hierzulande durch die "Yogischen Flieger" bekannt wurde. Der deutsche Nachwuchsregisseur David Sieveking geht Lynchs Glauben in seinem Dokudrama "David wants to fly" auf den Grund - aber nicht auf den Leim.
Festival-Leiter Dieter Kosslick steht ja in dem Ruf, mit Vorliebe Titel ins Programm zu heben, die mit großen Namen locken - und solche Filme, die hauptsächlich wegen ihres Glamour-Faktors gezeigt werden, subsumiert manch Eingeweihter liebevoll unter die Kategorie "Dieter-Kosslick-Reihe" - was dem Erhabenen offenbar gar nicht missfällt:

"Ja, die Dieter-Kosslick-Reihe ist dem Publikum gewidmet, ich habe kein Problem damit!"

Warum ist klar: Stars locken Leute!

"Und solang das Publikum strömt, ist es legitim, wenn nicht, dann hören wir sowieso auf."

Und vielleicht hat es auch dem Jungregisseur David Sieveking zum Berlinale-Auftritt verholfen, dass er mit seinem Dokumentarfilm "David wants to fly" die Kosslickschen Festspiele um den Namen des weltberühmten Regiegroßmeisters David Lynch bereichert hat!

Allerdings: Obwohl Mr. Lynch ja die Hauptrolle in "David wants to fly" spielt, ließ er sich bei der Berlinale-Premiere nicht blicken - wie schade, mag man finden - und woran lag's? Die Antwort gibt der Film selbst und der fängt so an: Ein unterbeschäftigter Filmschulabsolvent aus Berlin stellt resigniert fest:

"Ich wollte eigentlich abgründige Filme machen, wie mein großes Vorbild: David Lynch - aber irgendwie fehlten mir die Abgründe!"

Er will Abhilfe schaffen - und sucht und findet Hilfe beim Meister höchstpersönlich, sein Rezept: Meditation.

"I think, the intuition and the catching of ideas gets easier - it's money in the bank!"

Bessere Intuition, mehr Ideen - im Grunde bares Geld auf dem Konto! - das überzeugt den aufstrebenden Film-Künstler Sieveking:

"Jetzt war Erleuchtung angesagt."

Aber der Pfad der Erleuchtung ist ohne Hilfe nicht zu schaffen, und David Lynchs spirituelle Heimat ist die TM-Bewegung - TM ist die Abkürzung für:

"Transzendentale Mediation."

Aber für die Erleuchtung müssen Opfer gebracht werden - und zwar:

"Sechs frische Blumen, süße Früchte, ein weißes Taschentuch und 2380 Euro - in bar."

Doch es nicht nur die Geldsumme, die Verdacht erregt: Spätestens, als David Lynch einen Schutthügel im Grunewald nahe Berlin, genannt "Teufelsberg", aufzukaufen vorgibt, um darauf die "Universität des unbesiegbaren Deutschland" zu errichten:
"We're here today establishing this invincible Germany university","

und das Oberhaupt der deutschen TM-Bewegung, ein gewisser Radscha Immanuel Schiffgens, dazu erklärt:

""Ich bin ein guter Deutscher, ich will, das Deutschland unbesiegbar wird!"

Zwischenruf: "Adolf Hitler wollte das auch!"

"Ja, aber der hat das leider nicht geschafft, weil er die falsche Technik hatte."
(Tumult, Buhrufe)

Spätestens da findet Sieveking den ganzen Verein:

"Völlig absurd."

Das Ende vom Lied: Der Ketzer wird lästig, und der einst verehrte Meister kündigt dem Renegaten erst die Freundschaft, und dann Konsequenzen an:

"Ich bekam Post von David Lynchs Anwalt, der mit einer Klage drohte. Lynch persönlich wollte jetzt, dass ich ihm den fertigen Film zur Abnahme vorlege."

Er hat nicht gehorcht, und die Berlinale musste jetzt auf den Weltstar verzichten! Aber dass er das alles so nicht gewollt hat, singt Regisseur Sieveking am Ende dann schließlich selbst im selbst gebastelten Soundtrack - und auch der ist richtig schön geworden:

"Dann mach nur einen Plan! sei nur ein großes Licht! - dann mach nur einen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht - denn für dieses Leben, ist der Mensch nicht schlecht genug - doch sein höheres Streben ist ein schöner Zug."