Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein sieht viele Voraussagen von Orwells "1984" bestätigt

05.06.2009
Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, sieht viele Voraussagen des Schriftstellers George Orwell in der Gegenwart bestätigt. Zum Erscheinen des Romans "1984" vor 60 Jahren sagte Weichert, es sei "wahnsinnig", wie viel George Orwell an technischen Überwachungsmöglichkeiten vorweggenommen habe.
Auch andere, meist weniger beachtete Aspekte des Romans seien ebenfalls "hoch spannend", betonte Weichert. Als Beispiel nannte er den Orwellschen "Neusprech" - die Verschleierung und Beschönigung von Begriffen. "Es werden Freiheitsbeschränkungsgesetze bei uns erlassen, die heißen Terrorismusbekämpfungsgesetze (…). Wohnraumüberwachung wird das genannt, was tatsächlich ein Lauschangriff ist", sagte der Datenschutzbeauftragte.

Heute spiele auch die private Überwachung – beispielsweise von Arbeitnehmern durch ihren Arbeitgeber – eine große Rolle, so Weichert: "Es gibt nicht nur den großen Bruder (...), es gibt viele kleine Geschwister." Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, "dass wir auch weiterhin eine staatliche Überwachung, eine staatliche Bedrohung haben". Die Demokratie in der Bundesrepublik sei noch "relativ freiheitlich", betonte er. In Staaten wie Großbritannien und den USA sei die Überwachung der Bürger noch deutlich ausgeprägter.

Er sei aber optimistisch und habe die Hoffnung, dass es das Freiheitsbedürfnis der Menschen nie erlauben werde - selbst in Staaten wie Iran oder Nordkorea – die von Orwell beschriebene, "grauenhafte Meinungs- und Kontrolldiktatur" aufzubauen. "Ich habe die Hoffnung auch deswegen, weil die Informationstechnologie, die zum Kontrollieren genutzt werden kann, natürlich auch eine Technologie ist (…) zur Wahrnehmung unserer Freiheiten", sagte Weichert. Über das Internet könne ein demokratischer Dialog stattfinden: "Und das ist ja genau das, was auch solche Staaten wie Iran oder China als bedrohlich empfinden, weil sie versuchen, das zu kontrollieren, aber es geht eben nicht, weil die Technologie (…) immer wieder Schlupflöcher eröffnet."


Das vollständige Gespräch mit Thilo Weichert können Sie bis zum 5.11.2009 als
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