Das Zentrum für Politische Schönheit und das Höcke-Mahnmal

Die legitimen Erben "von Till Eulenspiegel"

Das "Denkmal der Schande", ein verkleinerter Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals, ist am 22.11.2017 in Bornhagen im Eichsfeld (Thüringen) in Sichtweite des Grundstücks von AfD-Politiker Höcke zu sehen.
Das "Denkmal der Schande", ein verkleinerter Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals, ist am 22.11.2017 in Bornhagen im Eichsfeld (Thüringen) in Sichtweite des Grundstücks von AfD-Politiker Höcke zu sehen. © dpa / Swen Pförtner
Beat Wyss im Gespräch mit Timo Grampes · 22.11.2017
Das Zentrum für Politische Schönheit hat Björn Höcke eine kleine Version des Berliner Holocaust-Mahnmals aufs Nachbargrundstück gestellt und verkündet, den AfD-Politiker monatelang ausspioniert zu haben. Ist das im Namen der Kunst legitim? – Ja, sagt Kunstwissenschaftler Beat Wyss.
Gegenüber des Grundstücks von Björn Höcke haben die Aktionskünstler des Zentrums für politische Schönheit dunkelgraue Quader aufgestellt – eine stark verkleinerte Version des Berliner Holocuast-Mahnmals, das der AfD-Politiker Höcke als "Denkmal der Schande" bezeichnet hat. Per Livestream lässt sich beobachten, wie Fotografen die Quader ablichten, Künstler und Aktivisten in die Webcam winken.
Gleichzeitig wird für Spenden geworben, um das Mahnmal für mehrere Jahre betreiben zu können. Innerhalb weniger Stunden sind – nach Angaben der Website – über 50.000 Euro zusammen. Kein Wunder, meint der Kunstwissenschaftler Beat Wyss: "Weil es eine gute Idee ist. Ich werde wahrscheinlich auch eine Spende dazu schicken."

Ausspähen im Namen der Kunst?

Doch das Zentrum für Politische Schönheit hat nicht nur ein Denkmal gegenüber Höckes Grundstück errichtet, es hat "zehn Monate Zaun an Zaun zum Poster-Boy der Rechten" gelebt und diesen beobachtet. So verkünden die Künstler zumindest in dem Video-Trailer der Aktion.

"Der Thüringer Verfassungsschutz deckte und protegierte über Jahre den Terror des NSU. Deshalb haben wir den zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutz Thüringen gegründet", heißt es in dem Video-Clip.
"Weil das Bundesamt für Verfassungsschutz Björn Höcke nicht beobachtet, läuft hier seit der Dresdener Rede eine der auffälligsten Langzeitbeobachtungen des Rechtsradikalismus' in Deutschland." Und weiter: "Werden Sie Teil unseres Teams. Beobachten Sie den bekanntesten Brandstifter Deutschlands."

"Es macht nur vor, was die Politik macht"

Ob die Künstler Höcke wirklich über zehn Monate überwacht haben, bleibt unklar. Wenn ja, wäre dies ein ziemlich massiver Eingriff in die Privatsphäre des AfD-Politikers. Lässt sich dies als Kunstaktion legitimieren?
Ganz klar ja, sagt Kunstwissenschaftler Beat Wyss. "Die Kunst darf alles, wenn sie zum Lachen führt." Auch "weil sie quasi als fünfte Gewalt in der Gesellschaft mit Machtlosigkeit geschlagen ist". Außerdem handele es sich ja um eine eher "spielerische Drohung, die hier vorgeführt wird".
Beat Wyss, Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie, zu Gast bei Deutschlandradio Kultur
Beat Wyss, Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie, zu Gast bei Deutschlandradio Kultur© Deutschlandradio / Liane von Billerbeck
Gerade Kunst habe die Aufgabe, "ein Fürsten-Spiegel zu sein". Genau das tue das Zentrum für Politische Schönheit. "Es macht nur vor, was die Politik macht." Philipp Ruch, Regisseur und künstlerischer Leiter des Zentrums für Politische Schönheit, sei für Wyss deshalb auch "der legitime Erbe von Till Eulenspiegel".
Die meiste Kunst habe sich in den vergangenen Jahren neo-liberalen Diskursen zugewandt, meint Wyss: "Es geht da ja nur noch um Aktienkurse." Mit den Aktionen des Zentrums für Politische Schönheit "kehrt Kunst an ihren Ursprung zurück".
(lk)
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