Das verlorene Gedächtnis der Stadt

Von Kersten Knipp · 17.11.2009
Als im März dieses Jahres das Kölner Stadtarchiv einbrach, verlor die Stadt Köln ihr Gedächtnis. Hätte sie es behalten können? Ja, meint der Kölner Anwalt Louis Peters, der im heutigen Prozess einige der Leihgeber vertritt.
Das sei nach dem ersten Schock immer deutlicher geworden. Nicht weit vom Stadtarchiv hätten sich gleich mehrere Lagermöglichkeiten von großer Fläche befunden, doch man habe schlicht versäumt, die Dokumente dort hinzubringen – und das trotz warnender Hinweise im Gebäude wie schleifende Türen, wiederholtes Zittern, mehrere Rohrbrüche. Auch habe man die Leihgeber nicht über die warnenden Hinweise in Kenntnis gesetzt. Vor allem aber, so Louis Peters, seien die Dokumente nicht angemessen aufbewahrt worden.

"Alle Schätze – praktisch das Gedächtnis der Stadt – lagen in der Gefahrenzone. In der Sicherheitszone lagen langweilige Verwaltungsakten, die dort auf Frist lagen, also städtische Akten, abgelaufene Akten, die nach 10 oder 20 Jahren mal kontrolliert werden sollten. Diese langweiligen Akten, (…) die konnten alle in die eben genannten Regaltkilometer geschafft werden, und dann konnte man aus der Gefahrenzone die Schätze in die Sicherheitszone schaffen, und dann wäre alles gut gewesen."

Auch eine Notfallplanung hat es nicht gegeben, hat Rechtsanwalt Peters festgestellt. Das bedeutete, dass die geretteten Dokumente zwar ausgelagert worden seien, aber man habe keine Liste geführt, was sich wo befinde – mit der Folge, das man nun oftmals nicht wisse, was sich wo befinde. So wissen die Leihgeber bis heute nicht, welche der von ihnen zur Verfügung gestellten Dokumente erhalten geblieben sind und welche nicht. Ebenso wenig wissen sie, was sich wo befindet. Und nicht zuletzt, so Peters, werde auch die Bevölkerung belogen: 85 Prozent der Akten seien gerettet worden – das stimmt nur bedingt. Darunter seien nämlich auch zahllose Altakten der Behörden gewesen, die keinen historischen Wert gehabt hätten, sondern schlicht Verwaltungsakte dokumentierten. Rechtsanwalt Peters zieht aus alledem nur einen Schluss:

"So schlecht ist nirgendwo ein Archiv in der Welt organisiert wie in Köln am Rhein."