Das tiefrote Leuchten über Maribor

Von Godehard Weyerer · 20.12.2011
Slowenien ist klein, hat aber eine lebhafte Literaturszene. Drago Jancar etwa schreibt über den Partisanenkampf im Zweiten Weltkrieg, Andrej Blatnik, ehemaliger Punkmusiker, über Globalisierung und Kommerzialisierung.
Slowenien ist ein kleines Land. Maribor und Ljubljana liegen 120 Kilometer von einander entfernt. Und nicht weiter ist es von der Hauptstadt zu den Landesgrenzen nach Ungarn, Italien oder Kroatien. Jahrhundertelang konnten die Slowenen nicht über sich selbst bestimmen: Erst hatte Wien das Sagen, dann war es Teil von Jugoslawien. Die Literaturszene ist geprägt von der Erinnerung an den Kommunismus und den Zweiten Weltkrieg.

Drago Jancar etwa war früher Anhänger des Partisanenkampfes, sein Vater war Mitglied der Kämpfer. Seitdem er von den Gräueln der Partisanen nach 1945 - sie erschossen 12.000 bis 14.000 vermeintliche oder echte Kollaborateure - erfahren hat, wurde Jancar zum unermüdlichen Mahner. Er ist Verfechter der slowenischen Unabhängigkeit, er schreibt gegen das Vergessen. Seine Bücher werden mittlerweile ins Tschechische übersetzt, ins Ukrainische, ins Französische und Englische. Auf Deutsch erschien 1990 einer seiner ersten Romane, "Nordlicht".

Die Spuren des tiefen Misstrauens, sagt Drago Jancar, spalteten die slowenische Gesellschaft noch heute. Die jungen Autoren aber suchen sich mehr und mehr andere Themen. Sie schreiben über die Menschen heute und über ein Leben, das von Globalisierung und Kommerzialisierung geprägt ist.

Andrej Blatnik wurde 1963 geboren. Ende der 70er Jahre war er Punkmusiker. Die Musik gab ihm und seinen Gleichgesinnten eine Plattform für Unmut und Kritik. Als 20-Jähriger veröffentlichte er seine ersten literarischen Texte. Später arbeitete er als Lektor in einem Verlag. Heute ist er Hochschullehrer. Vom Schreiben allein würde er wohl kaum leben können. Sein letzter, auf Deutsch übersetzter Roman kam 2009 in den Buchhandel – "Ändere mich" heißt er und erzählt von einer großen Liebe und dem Wunsch auszubrechen, eingebettet in eine Zeit, die weit in die Zukunft vorverlegt ist.

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