Das literarische Quartett

Der Streit ist Programm

"Spiegel"-Literaturchef Volker Weidermann (r), Moderatorin und Autorin Christine Westermann und Kolumnist Maxim Biller sitzen auf Sesseln vor einem Spiegel.
Seit einem Jahr läuft "Das literarische Quartett" wieder im ZDF . © Jule Roehr / ZDF / dpa
Volker Weidermann im Gespräch mit Frank Meyer  · 14.10.2016
Der Streit steht bewusst im Vordergrund der Fernsehsendung "Das Literarische Quartett", die seit einem Jahr im ZDF läuft. Ihr Moderator, der Literaturkritiker Volker Weidermann, hat gerade zeitgleich ein Buch mit Schriftstellerporträts veröffentlicht.
"Das plötzliche Scheinwerferlicht, all die Kameras, die Schnelligkeit ist für mich immer noch ein Schock", sagt der Literaturkritiker Volker Weidermann im Deutschlandradio Kultur. Er moderiert seit genau einem Jahr die Neuauflage der legendären TV-Sendung "Das literarische Quartett", bei der auch Literaturkritikerin Christine Westermann und der Kolumnisten Maxim Biller mitwirken. In der ZDF-Sendung fühlt sich Weidermann manchmal mit der schnellen Kontroverse überfordert und hofft, dass er an dieser Aufgabe noch weiter wachse. "Ich finde es andererseits ein tolles Geschenk, dieses Forum zu haben, diese Sendung zu haben, die Möglichkeit zu haben, über Literatur zu streiten", sagt Weidermann.
Literaturkritiker Volker Weidermann, Moderator vom "Literarischen Quartett" zu Gast bei Deutschlandradio Kultur. 
Literaturkritiker Volker Weidermann zu Gast bei Deutschlandradio Kultur. © Deutschlandradio / Cornelia Sachse

Streit statt Konsens

In der Gesellschaft, aber auch besonders in der Literaturkritik sei man sonst sehr an Konsens interessiert, sagt der Kritiker. Er habe den Eindruck, dass viele Literaturkritiker in den verschiedenen Feuilletons nebeneinander herschrieben. "Man lässt den anderen eher in Ruhe oder vielleicht nimmt man es auch gar nicht so wahr." In der literarischen Auseinandersetzung fehle der Streit. Dabei könne dieser oft eine andere Wahrheit zutage fördern und Kritiker dazu bewegen, ihre Kriterien zu schärfen.

Buch mit Schriftstellerporträts

"Ich bin fast geborener Schreiber, da fühle ich mich einfach unglaublich wohl", sagt Weidermann. Sein neues Buch "Dichter treffen" umfasst 50 Porträts von Schriftstellern, darunter unter anderem Peter Handke und Johannes Mario Simmel. Vor allem bei dem 2009 verstorbenen Bestsellerautor Simmel habe er sich sehr lange bemüht, eine Begegnung zu arrangieren, sagt Weidermann. Ihn habe er unbedingt treffen wollen, weil Simmel in der deutschen Literaturgeschichte ein besonderer Fall gewesen sei. "Erstens ein unglaublicher Massenerfolg, sicherlich auch mit Kolportagemitteln, und gleichzeitig mit größtem politischen Anspruch und Zeitgenossenschaft", begründete der Kritiker seine Faszination für diesen Autor. "Unterhaltung und Anspruch ist in Deutschland ja nicht so häufig." Simmel habe so lange nicht mehr geschrieben und ihn habe ungemein interessiert, was den Schriftsteller umtrieb, sagt Weidermann. Das Treffen sei dann eine traurige Begegnung gewesen, mit einem Mann, der von der Welt vergessen zu sein schien.

Volker Weidermann: Dichter treffen. Begegnungen mit Autoren, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 22 Euro.

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