Das 999 Dollar-Angebot

Von Michael Lange · 24.01.2008
"23 and Me" - "23 und ich" – lautet der griffige Name des Tests. Anhand einer einfachen Speichelprobe liefert er eine Art Gesamtüberblick über das Erbgut eines Menschen. Das Ergebnis kommt dann via Internet. Für 999 Dollar erfährt der Kunde dann von Erbanlagen, die das Risiko für bestimmte Krankheiten erhöhen.
Sind Sie ein Marathonläufer oder ein Sprinter? Ein Langschläfer oder ein Frühaufsteher? Ihre Antwort verrät viel über Ihre Gene. So wirbt die US-Firma "Twenty-Three an Me" im Internet. "23 and Me" bedeutet: "23 und ich". 23 – das ist die Zahl der Chromosomen des Menschen. Jeder besitzt im Erbgut 23 mal zwei Chromosomen. Die Firma gehört zur Google-Gruppe. Eine der Gründerinnen, Anne Wojcicki, ist mit Google Gründer Sergey Brin verheiratet. In den USA ist "23 and me" bereits seit einigen Monaten aktiv, und nun will die Firma auch den europäischen Markt erobern mit einem Genentischen Scan.

Dieser Scan liefert eine Art Gesamtüberblick über das Erbgut eines Menschen. Die bisher üblichen Gentests beantworten nur einzelne, konkrete Fragen. Bin ich Überträger eines Mukoviszidose-Gens? Trage ich das Brustkrebs-Risiko-Gen BRCA 1 in meinem Erbgut? Besitze ich eine Erbanlage, die mir mit 30 oder 40 eine Glatze beschert? Und so weiter. Der nun für 999 Dollar angebotene Scan bietet aber mehr. Er untersucht nicht das ganze Erbgut, aber immerhin etwa eine halbe Million Stellen im Erbgut: so genannte Variationen. Dazu ist etwas mehr Speichel nötig als bei den bisher verbreiteten Gentests: etwa ein Teelöffel voll. Die Speichelentnahme kann jeder bequem zu Hause durchführen. Dann geht alles per Post zur Analyse nach Amerika. Das Ergebnis kommt dann via Internet.

Die 500.000 untersuchten Variationen liefern eine Reihe Informationen über den Speichelspender, und indirekt auch über seine Verwandten. So erfährt der Kunde von Erbanlagen, die das Risiko für bestimmte Krankheiten erhöhen: zum Beispiel für Alzheimer oder für Diabetes. Viele dieser Variationen wurden erst in den letzten Jahren entdeckt. Was sie genau bewirken, ist noch unbekannt. Bekannt ist aber, dass sie nichts vorherbestimmen.

Wer Alzheimer bekommt oder Diabetes, das steht nicht in den Genen geschrieben. Diese Krankheiten entstehen in einem komplizierten Wechselspiel zwischen Erbgut und Umwelt. Die Interpretation der Daten aus dem Gen-Scan ist schwierig. Die notwendige ausführliche genetische Beratung liefert das 999 Dollar-Angebot aus dem Internet nicht.