Comicfiguren und Untertitel

    15.03.2013
    Auf der Buchmesse laufen seltsame Gestalten herum und zeigen unserem Autor, dass es Unmengen (Dress)Codes gibt, die er nicht kennt. Nach einer Diskussionsrunde philosophiert er über den Sinn und Unsinn von Buch-Untertiteln.
    Literatur schafft Verbindungen zwischen Sphären. Heerscharen von Comicfiguren, es scheinen immer mehr zu werden, laufen hier durch die Menge, in die Wirklichkeit verpflanzte Sendboten fremder Referenzsysteme, die uns daran erinnern, wie viele Kontexte da draußen sind, von denen wir keine Ahnung haben, wie viele Codes uns umgeben, die wir nicht verstehen. Berührend ist der unbeirrbar selbstverständliche Ernst, mit dem die jugendlichen Darsteller ihre Fiktion durchs echte Gewühl tragen, eine im Wortsinn sehr lebendige Form, der Produktionskraft der Fantasie ein Zeichen zu setzen. Und um die geht es ja beim Lesen.

    Comics gehören neben Filmen und anderen Beutestücken der populären Kultur immer schon zu den Quellen, mit denen Klaus Theweleit jongliert, wenn er seine enormen Bögen in die Kultur- und Theoriegeschichte schlägt. Als Gast des "taz.studio" stellt er sein neues Buch vor: Nach Band I und IV erscheint jetzt Band II von "Pocahostas-Projekt. Buch der Königstöchter. Von Göttermännern und Menschenfrauen. Mythenbildung, vorhomerisch, amerikanisch". Nicht immer haben zusätzliche Untertitel eine aufklärende Wirkung.

    Auch das Design von Zigarettenschachteln dient Theweleit diesmal als Quelle der Interpretation. Es geht um Kolonialisierung und Frauenkörper, aber auch um die "Waffe des Alphabets" gegenüber denen, die darüber nicht verfügen. Zwar konstatiert Theweleit, dass seit jeher "Bücher überleben, nicht aber die beteiligten Menschen", aber auch, ganz beiläufig inmitten von Zigtausenden von Bänden und ebenso vielen Menschen, die diese oder zumindest einige von ihnen haben, lesen, verkaufen, übersetzen, rezensieren und jetzt erst einmal klauen wollen, dass "diese", also die Bücher, "nichts mehr bedeuten". Ja: "Diese Last ist von ihnen genommen." Sagt Klaus Theweleit.

    Nebenan lächelt der Autor Peer Steinbrück am KiWi-Stand auch nicht anders als der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Nicht immer verändert ein Buch einen Menschen.

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