Comic "Der König der Vagabunden"

Als Gregor Gog die Obdachlosen organisierte

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Schwarzweißzeichnung zahlreicher Gesichter in einer Versammlung.
"Generalstreik, das Leben lang": Obdachlose in dem Comic "Der König der Vagabunden". © avant-verlag / Patrick Spät / Beatrice Davies
Bea Davies und Patrick Späth im Gespräch mit Timo Grampes · 22.10.2019
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Gregor Gog war Chefredakteur der ersten Straßenzeitung Europas. Und er schaffte es – selbstbewusst und überzeugend –die Obdachlosen der Weimarer Republik zusammenzubringen. Ein Comic erzählt erstmals seine Geschichte.
Mitte der 1920er Jahre lebten rund 70.000 Obdachlose auf den Straßen Deutschlands. Gregor Gog war einer von ihnen. Er wollte sich damit nicht abfinden, wurde zum Anarchisten und gründete 1927 die "Bruderschaft der Vagabunden", was ihm den Spitznamen "König der Vagabunden" einbrachte. Unter diesem Titel ist jetzt die erste Biografie über Gregor Gog erschienen - und zwar als Comic. Gezeichnet hat ihn Bea Davies, Patrick Spät ist der Autor.
"Erst, wenn die Herberge für alle hier auf Erden verwirklicht ist: Dann erst ist unsere Mission erfüllt. Wohlan, was wir brauchen, ist eine neue Welt!" So zitiert der Comic den Draufgänger Gog, der selbstbewusst und überzeugend wirken konnte, aber auch sanft und sensibel.
Es war eine Zeit, in der die Menschen auf der Suche nach Sinn waren, und Gog "hat es geschafft, sie alle zu bündeln und zu vereinen und mit dieser politischen Agenda zu begeistern", sagt Comicautor Patrick Spät.

"Jeder ist für sich alleine"

Spät ist vor ein paar Jahren auf Gogs Parole "Generalstreik, das Leben lang" gestoßen und fragte sich, warum den Urheber heute niemand mehr kennt. Das wollte er ändern.
Die Zeichnerin Bea Davies hat selbst in einer Berliner Notunterkunft für Obdachlose gearbeitet: "Da habe ich gemerkt, wie viel Einsamkeit es in der Stadt gibt. Jeder ist für sich alleine. Und was Gog eigentlich sagt, war: Diese Gesellschaft, die euch fehlt, die bauen wir zusammen wieder auf."
Als sich Davies die damaligen Straßenzeitungen ansah, sprachen sie die vielen Holzschnitte, Lithografien und Kreidezeichnungen an. Dieser Stil prägt auch ihren Comic "König der Vagabunden."
"Die Botschaft ist, denke ich", sagt Patrick Spät, "dass Menschen sich jederzeit selbst zusammentun können und etwas erreichen können." Eine Gelegenheit bietet sich im kommenden Jahr: 2020 soll ein Vagabundenkongress nach dem Vorbild von Gregor Gog in Berlin stattfinden.
(sed)

Bea Davies/Patrick Spät: "Der König der Vagabunden: Gregor Gog und seine Bruderschaft
Avant-Verlag, Berlin 2019
160 Seiten, 25 Euro

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