Christophe Galfard: "Das Universum in Deiner Hand"

Von Quarks und Quantenfeldern

Buchcover Christophe Galfard: Das Universum in Deiner Hand
"Das Universum in Deiner Hand" vermittelt ein Gefühl für die Konsequenzen moderner physikalischer Theorien. © C.H. Beck / Imago / Mark Garlick/Science Photo Library
Von Volkart Wildermuth · 12.01.2018
Ein Flug in Lichtgeschwindigkeit oder ein Trip in ein schwarzes Loch: Christophe Galfard nimmt den Leser mit auf eine Reise durch moderne physikalische Theorien. Erklärungen der Hintergründe aber sind die Sache des Astrophysikers nicht.
Eine Reise in die Welt der Quarks gefällig, eine Fahrt mit Lichtgeschwindigkeit ihn die Zukunft – oder ein Trip ins Innere eines schwarzen Loches – und mit etwas Glück auch wieder hinaus? Kein Problem mit Christophe Galfard als Reiseführer. Er war Doktorand bei Stephen Hawking – an seiner Kompetenz ist nicht zu zweifeln. Und er verspricht viel: "Vor uns liegt eine Menge Stoff, das solltest du wissen. Dafür wirst du aber auf den folgenden Seiten so gut wie alles erfahren, was bisher bekannt ist."
Allerdings verfolgt er mit "Das Universum in Deiner Hand" einen ganz eigenständigen Ansatz. Ihm geht es bei seinen Lesern weniger um das Nachdenken als um das Nachempfinden. Sie sollen die Wunder von Relativitätstheorie und Quantenfeldern sehen dürfen "ohne jahrelang studieren zu müssen". Entsprechend gibt es kaum ausführliche Begründungen oder Analysen von Experimenten. Das Buch ist im Grunde eine Abfolge physikalisch hinterlegter Traumreisen.

"Du wärest wirklich ewig, würdest es aber nicht merken"

Darauf muss man sich einlassen, auch auf das dauernde "Du" und auf literarisch doch eher einfach gestrickte Bilder. Der Gewinn? Galfard nimmt die Konsequenzen der modernen Theorien wirklich ernst: "Befremdlich? Ja. Kontraintuitiv? Sicher. Aber so ist die Natur". Etwa die Relativitätstheorie, ein alter Sachbuchhut, ihre Paradoxien wurden oft aufgezählt. Aber da liest man schnell drüber weg, ohne sich ihnen tatsächlich auszusetzen. Der Astrophysiker Galfard buchstabiert sie aus, beschreibt einen Flug nach der Lichtgeschwindigkeit, macht den Zusammenhang zwischen Tempo, Zeitgefühl und Masse plastisch und vermittelt so überraschende Einsichten: "Um ewig zu werden, müsstest du dich in Licht verwandeln, was aber nicht möglich ist. Wenn es möglich wäre, würde deine Zeit nicht mehr vergehen. Du wärest wirklich ewig, würdest es aber nicht merken."
Ähnliches gelingt ihm auch in der Quantenwelt. Wenn ein Atom aus einem winzigen, schweren Kern besteht, einen flüchtigen Elektronengespinst und vor allem viel leerem Raum, warum fallen dann die Atome meines Körpers nicht einfach durch die Atome des Erdbodens hindurch? Die Antwort ist das Pauli-Prinzip: Kein Elektron kann genau da sein, wo schon ein anderes ist. Warum das so sein sollte, erfährt man nicht. Das Pauli mit dem Nobelpreis geehrt wurde, muss als Beleg ausreichen.

Permanentes Angeduze

Details sind Christophe Galfard Sache nicht, er beschreibt die ziemlich schräge Oberfläche des derzeit besten naturwissenschaftlichen Weltbilds. Am Ende wagt er sich sogar darüber hinaus, versucht mit der Stringtheorie hinter den Urknall zu blicken. Aber da verbergen seine Bilder eher Unklarheit, als sie zu erhellen.
Bei diesem Buch lohnt es sich, im Laden die ersten Seiten Probe zu lesen. Das permanente Angeduze ist sicher nicht jedermanns Sache. Aber wer sich darauf einlässt, der wird hier auf leichte Art ein Gefühl für die Konsequenzen moderner physikalischer Theorien bekommen. Wer sie intellektuell nachvollziehen will, muss allerdings zu einem anderen Buch greifen – oder Physik studieren.

Christophe Galfard: Das Universum in Deiner Hand. Die unglaubliche Reise durch die Weiten von Raum und Zeit und zu den Dingen dahinter
Aus dem Amerikanischen von Jens Hagestedt und Ursula Held
Verlag C.H. Beck, München 2017
400 Seiten, 24,95 Euro

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