Christoph Links über die Menschenrechtslage in Deutschland

"Hier ist Handlungsbedarf"

Christoph Links auf der Veranstaltung "Über Rechte schreiben – Zwischen Aufklärung und Sensation"
Christoph Links auf der Veranstaltung "Über Rechte schreiben – Zwischen Aufklärung und Sensation" © Deutschlandradio
Christoph Links im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 08.05.2018
Musterschüler mit Mängeln? Obwohl Deutschland als Vorreiter in Sachen Menschenrechte gilt, gebe es Handlungsbedarf, sagt der Verleger Christoph Links. Vor allem im Asylbereich ermöglichten rechtliche Unklarheiten Willkür und Machtmissbrauch.
Menschenrechtsverletzungen – wer denkt, Deutschland könne sich bei diesem Thema entspannt zurücklegen, der irrt. Zwar hat das Land in Sachen Menschenrechte Vorbildfunktion, doch auch hierzulande werden immer wieder Menschenrechte verletzt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat in seinem Bericht zur Menschenrechtslage in Deutschland darauf hingewiesen, dass eine wachsende Zahl politischer und gesellschaftlicher Akteure die Menschenrechte grundsätzlich in Frage stellen.

Auch in Deutschland wir die Meinungsfreiheit verletzt

Nun prüft außerdem eine Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrates, ob Deutschland seit 2013 seine "Hausaufgaben" gemacht und Defizite im Bereich Menschenrechte abgebaut hat. Der Verleger Christoph Links kritisiert, dass auch in Deutschland immer wieder die Meinungs- und Pressefreiheit verletzt werde:
"Da greift weniger der Staat ein, sondern es gibt viele gesellschaftliche Gruppen, die nicht bereit sind, die Position anderer hinzunehmen. Und das äußert sich dann so, dass etwa Lesungen von uns von rechter Seite oder von Reichsbürgern gestört werden, dass man verhindern will, dass andere ihre Meinung sagen, die Tumulte auf der Frankfurter Buchmesse sind vielleicht auch noch in Erinnerung. Da wird Druck auf Journalisten ausgeübt, da wird versucht, zu verhindern, dass kritische Publikationen erscheinen."

Unbequeme Meinungen aushalten

Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegte Deutschland 2017 nur Platz 16. Als Verleger und Sprecher der Arbeitsgruppe Meinungsfreiheit im Börsenverein des deutschen Buchhandels setzt sich Christoph Links deshalb für mehr Meinungsfreiheit und Menschenrechte ein. Das bedeutet für Links jedoch auch, unbequeme Meinungen auszuhalten. Von einem Verbot rechter Verlage auf Messen hält er deshalb nichts:
"Solange es eine Meinung ist, müssen wir das aushalten und uns damit auseinandersetzen. (…) Das muss man ertragen, solange es nicht gegen geltendes Recht verstößt und Volksverhetzung betrieben wird, da muss man auch die Meinung aushalten, dass andere finden, man müsste die Demokratie einschränken."

Plädoyer für Menschenrechte ohne Grenzen

Unbequemen Meinungen setzt Links lieber seine eigene Meinung entgegen. Als in der "Erklärung 2018" vor einer Destabilisierung Deutschlands durch "illegale Masseneinwanderung" warnte, reagierte er darauf und unterzeichnete gemeinsam mit anderen Intellektuellen die "Antwort 2018", in der es heißt:
"Die Menschenrechte enden an keiner Grenze dieser Welt. Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Armut in unserem Land Zuflucht suchen, und wenden uns gegen jede Ausgrenzung."

Willkür und Machtmissbrauch im Asylbereich

Christoph Links kritisiert, dass es in Deutschland vor allem im Asylbereich immer wieder zu Verstößen gegen die Menschenrechte komme. Die Bedingungen in den Massenunterkünften entsprächen oft nicht den Menschenrechtsstandards. Außerdem würden unklare rechtliche Verhältnisse Willkür und Machtmissbrauch ermöglichen:
"Wir haben in dem ganzen Bereich offene rechtliche Probleme, wir haben offene Probleme der Regelung und der Umsetzung. Immer wieder werden auch Willkür und Machtmissbrauch durch Sicherheitspersonal in diesen umzäunten Anlagen gesehen. Und das was mit den Ankerzentren geplant ist, ist auch rechtlich noch nicht geklärt."

Verständnis und Lösungen statt Abschottung

Im Asylbereich gebe es insofern Handlungsbedarf, erklärt Links. Auch wenn eine als unübersichtlich empfundenen Welt der Globalisierung manche Menschen verunsichere und das Bedürfnis wecke, sich einzunisten, müsse man Flüchtlingen gegenüber Solidarität, Empathie und Verständnis entgegenbringen, erklärt Links.
"Das heißt ja nicht, dass wir sagen, alle Geplagten dieser Welt sollen nach Deutschland kommen. Aber das man mit Verständnis auf diese reagiert, dass man Lösungen für diese Menschen in Not finden muss auf dieser Erde, das ist unsere feste Überzeugung. Und da kann man nicht die Entwicklungshilfe runterfahren, wie es im Moment geschieht. Da muss man an die Flüchtlingsursachen und da muss man auch ein Stück von unserem Reichtum hier im Norden abgeben."
(mw)
Mehr zum Thema