China

Recht auf saubere Luft

Eine Frau mit Smartphone (Handy) in der Hand traegt am 04.07.2014 einen Mundschutz im chinesischen Peking.
Junge Frau in Peking, die eine Atemschutzmaske trägt. © dpa / Friso Gentsch
Von Ruth Kirchner · 08.09.2014
Smog - unter vielen Problemen, die die chinesische Hauptstadt hat, ist das wohl eines der schlimmsten. Vor allem kleine Kinder leiden unter der hohen Luftverschmutzung - doch Luftfilter sind teuer. Ein "Do it yourself"-Projekt soll Abhilfe schaffen.
Ein zweisprachiger Kindergarten im Zentrum von Peking. Hier lernen schon Vierjährige, dass man wegen der dreckigen Luft oft nicht draußen spielen darf. Im Nebenraum drücken die Eltern die Schulbank.
Seit einer Stunde erklärt ein junger Amerikaner – auf Chinesisch – wie man sich in der eigenen Wohnung schützen kann. Man braucht einen einfachen Tisch-Ventilator, eine Zange, einen Feinstaubfilter aus dem Baumarkt und ein Stück Klettband – fertig ist der Luftfilter. Kosten 25 Euro. Ein Bruchteil von dem, was handelsübliche Filter kosten.
"Ich habe bislang noch nie daran gedacht, einen Luftfilter für meine Wohnung zu kaufen, sagt diese Mutter einer Dreijährigen. Aber wenn ich gelernt habe, wie man sie selbst bauen kann, dann werde ich gleich mehrere aufstellen."
"Tolle Idee", sagt auch diese Mutter, die sich Alice nennt. "Diese Filter sind so billig, die kann sich jeder leisten. Das ist super!"
Leiter des Workshops ist der Amerikaner Gus Tate. Der 28-Jährige aus Kentucky wollte eigentlich mal Chinesisch-Lehrer werden. Deshalb kam er nach Peking:
"Es geht darum zu zeigen, dass Luft-Filterung keine komplizierte Hochtechnologie ist. Es ist billig; die Menschen in China brauchen so etwas und sie können es für wenig Geld bekommen."
Angefangen hat alles als sportliche Herausforderung unter Freunden, nach dem Motto: warum teuer, wenn es auch billig geht? Über 90 Prozent der schädlichen Mikropartikel könnten sie reduzieren und seien damit fast so effektiv wie Markenprodukte, sagen sie. Wenn auch lauter und nicht so elegant. Baumarkt statt Edeldesign.
Heimwerken ist in China noch ungewohnt
Heimwerken ist für viele Chinesen ein ungewohntes Konzept. Deshalb führen Tate und seine Mitstreiter vom Projekt "Smart Air" vor, wie man die Abdeckung des Ventilators entfernt und durch den Luftfilter ersetzt. Andere Aktivisten haben Bauanleitungen ins Internet gestellt – zum Herunterladen für jedermann. Saubere Luft dürfe nicht das Privileg der Wohlhabenden sein, sagen sie. Denn das Bewusstsein für die Folgen der Smog-Belastung wächst: Lange war das ein Thema vor allem für Ausländer, doch jetzt machen sich auch viele Chinesen Sorgen.
"Viele meiner Freunde haben Peking verlassen", erzählt Mutter Alice. "Aber wegen der Geschäfte meines Mannes können wir nicht weg. Gegen die Umweltbelastung kann ich nichts ausrichten, aber ich kann zumindest im Kleinen etwas tun."
Zugleich ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig. Die Erkenntnis, dass Feinstaub gerade für Kinder gefährlich ist, setzt sich nur langsam durch. Gus Tate hat daher seine Karriere als Chinesisch-Lehrer erst einmal zurückgestellt und baut zunächst einen Internetversand für seine Billig- Bausätze auf. Vielleicht, sagt er, lasse sich damit sogar eines Tages Geld verdienen.
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