China

Andere Länder, andere Namen

Kunsthandwerker der Uiguren auf einem Markt in Kashgar in der autonomen Provinz Xinjiang
Männer in China nennen sich gerne Michael, Peter - oder auch mal Stalin. © dpa/picture alliance/How Hwee Young
Von Markus Rimmele · 11.03.2015
Ausländer, die in China leben, legen sich zur allgemeinen besseren Verständigung einen chinesischen Namen zu. Den richtigen Namen zu finden, ist eine Kunst für sich - und kann schnell schiefgehen.
In China geht das kulturelle Missverständnis oft schon beim Guten Tag sagen los, bei den Namen. Trifft etwa Frau Franziska Schluchtenhäuser-Dambrowski auf Herrn Zhu Xiangquan – dann herrscht Sprachlosigkeit. Nicht-existente Silben sind das nämlich für den Chinesen, nicht zu behaltendes Genuschel ist es für die Deutsche. Also gehen beide Seiten guten Willens aufeinander zu.
Da sind die Ausländer. Sie geben sich chinesische Namen, das heißt sie suchen sich zwei oder drei chinesische Schriftzeichen gleich Silben und taufen sich damit neu. Eine kreative Sache. Denn: Schriftzeichen tragen Laute, aber immer auch Bedeutungen.
"Ein Ausländer muss erst einmal entscheiden, ob er auf den Klang oder auf die Bedeutung Wert legt", sagt Laura Wang. Sie unterrichtet Chinesisch in Shanghai und hilft ihren Schülern bei der Namenssuche.
Die Wahl zwischen Klang und Bedeutung
Ich zum Beispiel bin allein nach dem Klang gegangen. Aus meinem Vornamen Markus wurde Ma Kesi. Das Ma wird dabei zum Familiennamen, der immer vorne steht. Kleine Randnotiz: Ich ernte immer Lacher im kommunistischen China. Denn noch ein Deutscher hieß mal Ma Kesi: Karl Marx. Andere versuchen drei Dinge zusammenzubringen, Originalklang, schöne Bedeutung und guten Klang im Chinesischen.
Meistens helfen chinesische Freunde oder Lehrer bei der Namenssuche. Leider nicht immer. Der Israeli Dan Leshem legte einst selbst Hand an:
"Der erste Name, den ich wählte, war Shi Danwu. Irgendwann lernte ich meine heutige chinesische Frau kennen. Sie sagte mir, dass der Name eine schlechte Bedeutung hat."
Danwu, mit anderen Zeichen geschrieben, bedeutet "Zeit verschwenden". Dan Leshem hat jetzt einen neuen Namen. Sein Ex-Chef, ein Ausländer, läuft vermutlich noch mit demselben herum. Er nannte sich Xingfu Long, glücklicher Drache. Für Chinesen klingt das anbiedernd oder auch einfach nur bescheuert. Und dann sind da noch die Leute im Westen, die sich Schriftzeichen tätowieren lassen, die oft völliger Nonsens oder einfach falsch geschrieben sind.
Mandy und Candy gehen in China gut
So, und jetzt die andere Seite: Mandy, Candy, Cindy, Wendy, Winnie, Judy, Jenny, Abbie – so nennen sich gern Chinesinnen auf Englisch. Die Jungs stehen auf: Michael, Peter, Kevin, Jason, Ricky, Ethan, Steven, Jack. Selbst gewählte englische Zusatz-Namen sind bei Chinesen in Städten wie Shanghai so verbreitet und beliebt, dass sich ganze Bürogemeinschaften nur noch damit ansprechen. Selbstredend geht auch hier vieles schief.
Frauennamen wie Rainbow und sogar Sapphire, Saphir, sind nicht ungewöhnlich. Hier spiegelt sich die chinesische Namensgebung wider. Mädchennamen sollen etwas Edles, Feines, Elegantes ausdrücken. Manche mögen's aber auch bissfest. Den Namen Apple sieht man öfters. Ja, letztens kam sogar eine E-Mail von einer Frau namens Carrot, Karotte. Unvergessen sind auch Kinky, die Perverse, und bei den Männern Eros, der Liebesgott, oder Boot, der Stiefel. Jungs wollen gern tough rüberkommen. Mein Frisör, kein Witz, heißt Stalin. Und ich gehe nicht kahlgeschoren von ihm weg.
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