Bundestagswahlkampf

Warum spielt die Vermögenssteuer kaum eine Rolle?

Wahlplakate verschiedener Parteien zur Bundestagswahl in Berlin-Prenzlauer Berg, stehen auf einer Wiese.
Die Parteien schrecken im Wahlkampf vor einer Neiddebatte zurück © imago / Seeliger
Julia Friedrichs im Gespräch mit Anke Schaefer  · 08.09.2017
Die Autorin und Journalistin Julia Friedrichs fordert eine stärkere Debatte über die ungleiche Verteilung von Vermögen im Wahlkampf. Sie wundert sich, dass dieses Thema bei den Parteien kaum eine Rolle spielt.
Warum spielt die ungleiche Verteilung von Vermögen im Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle? Die Partei "Die Linke" fordere zwar eine Vermögenssteuer und auch in anderen Wahlprogrammen tauche die Frage auf, aber es sei kein Thema, um das derzeit besonders gekämpft werde, kritisiert die Autorin und Journalistin Julia Friedrichs im Deutschlandfunk Kultur. "Es ist eben keines der zentralen Themen, um das gerungen wird."
Dabei könnte der Staat den Beschäftigten etwas zurückgeben und statt deren Arbeit die Vermögen, Kapitalerträge und Erbschaften stärker besteuern, sagte die Journalistin. Es stelle sich die Frage, ob das Steuersystem noch zukunftsfähig sei. "Das ist eine Frage, weil sie eben so grundsätzlich ist, die man gerade in wirtschaftlich guten Zeiten diskutieren könnte und müsste", sagte Friedrichs. "Das heißt, wollen wir gerade für die Jüngeren wieder so etwas wie ein Aufstiegsversprechen machen?" So ließe sich vermitteln, dass es weniger wichtig sei, aus welcher Familie jemand komme, sondern dass der Einzelne durch seine eigene Arbeit etwas erreichen könne.

Unwucht bei den Erbschaften

Konservative Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigten, dass im Jahr bis zu 400 Milliarden im Jahr vererbt würden. "Es sind gigantische Summen", sagte Friedrichs. "Es sind Summen, über die wir sehr, sehr wenig wissen, weil es eben sehr große Graubereiche in diesem Erbschaftssteuerrecht gibt."
Bis 400.000 Euro sei das private Erbe steuerfrei. Auch Unternehmen könnten steuerfrei vererbt werden, wenn die Nachfolger den Betrieb übernehmen und Arbeitsplätze für sieben Jahre erhalten. Trotz sieben Milliarden Euro Erbschaftssteuer im Jahr gibt es aus Sicht der Journalistin eine "Unwucht".
Sie treibe deshalb die grundsätzliche Frage um, warum Arbeit so stark besteuert werde und Vermögen so wenig. "Inzwischen sind diese Erbschaften einfach so groß geworden, dass der Abstand zwischen denen die erben und denen, die nicht erben, so gewaltig ist, dass die, die keine Erbschaften haben, da einfach gar nicht mehr aufschließen können."

Die ganze Sendung mit Julia Friedrichs können Sie hier:
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