Bundesratsentscheidung zur Parteienfinanzierung

NPD vor dem Aus oder im Winterschlaf?

Teilnehmer einer Kundgebung der NPD, einer trägt eine NPD-Flagge.
NPD-Demonstration in Schwerin: Bisher kann die Partei von der staatlichen Finanzierung profitieren. © dpa / Jens Büttner
Steffen Kailitz im Gespräch mit Axel Rahmlow und Vladimir Balzer · 02.02.2018
Der Bundesrat will der NPD den Geldhahn zudrehen lassen. Dies bedeute für die rechtsextreme Partei vielleicht den Todesstoß, sagte der Politologe Steffen Kailitz: Allerdings könne eine Rumpf-NPD erneut überwintern - wie schon einmal in den 70er-, 80er-, 90er-Jahren geschehen.
Die Bundesländer wollen die rechtsextreme NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung abschneiden. Der Bundesrat beschloss einstimmig einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht, um die Finanzierung zu stoppen. Das Gericht selbst hatte den Schritt angeregt. Nachdem die Versuche, die NPD zu verbieten, zweimal gescheitert waren, hatte sich das Augenmerk auf die Finanzierung der Partei verlagert.

Finanzierungsstopp statt Verbot

"Es ist der Versuch, aus den gegebenen Umständen das Beste zu machen",
sagte Steffen Kailitz zur Entscheidung des Bundesrats im Deutschlandfunk Kultur. Er selbst halte diesen Weg allerdings für problematisch, erklärte der Dozent am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismus-Forschung an der TU Dresden:
"Ich war ja auch ein Befürworter des NPD-Verbots. Ich halte es für den saubereren Weg, ganz klar zu sagen: Bestimmte Parteien, die von vorneherein nicht die demokratischen Spielregeln achten und die Demokratie mit aggressiven Mitteln kämpferisch auch abschaffen wollen, die sollten gar nicht zu diesem Wettbewerb zugelassen werden."
Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden steht am 10.06. in Dresden im Gerichtssaal. 
Steffen Kailitz, Politologe am Hannah-Arendt-Institut der TU Dresden© dpa-Zentralbild

Plädoyer für ein Prinzip "hopp oder top"

Der Politologe plädierte für ein Prinzip "hopp oder top" bei der Zulassung zu Wahlen und beim Zugang zur Finanzierung:
"Entweder eine Partei wird ausgeschlossen aus dem Parteienwettbewerb oder sie muss die gleichen Möglichkeiten haben, wie alle anderen auch."
Knapp die Hälfte der Einnahmen der rechtsextremen Partei kam im Jahr 2015 vom Staat. 2016 erhielt die NPD noch gut eine Million Euro aus Steuermitteln. Sollte sie die staatlichen Mittel verlieren, könnte das für die ohnehin schon finanziell gebeutelte Partei das Aus bedeuten.
Die NPD ist aktuell in Kommunalparlamenten vertreten, hat noch Landes und Ortsverbände, hat eine eigene Zeitung – aber wie schlagkräftig ist sie noch?
"Die Partei hat natürlich zweifellos an Bedeutung in den letzten Jahren massiv verloren. Das ist eindeutig zu beobachten gewesen. Insofern wäre es tatsächlich - möglicherweise – der Todesstoß, wenn sie von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen würde. Sie hat ohnehin größere finanzielle Probleme und wenn diese finanziellen Mittel noch wegfallen, dann sieht es sehr schlecht für die Partei aus", sagte der Politologe voraus.
Ob die NPD dann tatsächlich vor dem Aus stehe, sei allerdings nicht klar zu beantworten:
"Das ist eben sehr schwer zu prognostizieren. Es gibt natürlich die Möglichkeit, und das ist durchaus eine wahrscheinliche Möglichkeit, dass die Partei überwintert, dass eine Rumpf-NPD überlebt. Die Situation war auch in den 70er-, 80er-, 90er-Jahren so, dass die NPD nur marginale Wahlergebnisse erreichte – und entsprechend auch nie finanziell gut ausgestattet war."

"Radikalisierte" AfD attraktiv für NPD-Klientel

Die aktuelle Situation der rechtsextremen Partei stehe auch im Zusammenhang mit der Entwicklung der AfD, erläuterte Kailitz:
"Im Moment ist es so, dass sich die AfD ja radikalisiert hat und dadurch natürlich attraktiver auch für das NPD-Klientel, also für härtere Rechtsextremisten geworden ist."

Weder Björn Höcke in Thüringen noch Jens Maier im sächsischen Landesverband seien ausgeschlossen worden, sagte Kailitz. Insgesamt habe der "völkische Flügel" in der AfD zuletzt sogar deutlich an Bedeutung zugenommen. Der rechte Flügel der AfD bewege sich durchaus in einem verfassungsfeindlichen Bereich:
Björn Höcke beim Bundesparteitag der Alternative für Deutschland im HCC Hannover Congress Centrum in Hannover
Björn Höcke beim Bundesparteitag der AfD in Hannover© dpa/Hauke-Christian Dittrich
"Ich sehe ganz deutlich, dass hier bei Björn Höcke, Jens Maier und anderen eine klar rechtsextremistische Ausrichtung zu erkennen ist."

Das Argument "Original" fruchtet nicht

Aus der Radikalisierung der AfD folgten die Schwierigkeiten der NPD:
"Die NPD tut sich zunehmend schwerer in dieser Situation. Sie verkündet natürlich, das Original letztlich zu sein. Hat immer wieder auch verkündet, dass eigentlich die AfD hier noch zu moderat in manchen Punkten ist."
Das habe aber letztlich nicht gefruchtet, sagte Kailitz.
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