Bundeskabinett ändert Filmförderung

"Kreative an den Rand gedrängt"

Die Schauspieler Elyas M'Barek und Karoline Herfurth
Fack Ju Göhte: der größte deutsche Kinohit 2013 © dpa/Tobias Hase
Von Christiane Habermalz · 23.03.2016
Ein Film, der in den Kinos gut läuft, bekommt ordentlich was aus dem öffentlichen Geldtopf. So in etwa sah bisher die deutsche Filmförderung aus. Kulturstaatsministerin Grütters will nun umsteuern und den Qualitätsfilm stärken. Doch auch am neuen Konzept gibt es viel Kritik.
Bei einer Evaluation durch das Erich-Pommer-Institut vor zwei Jahren waren die Probleme der deutschen Filmförderung klar benannt worden. Mit über 300 Millionen Euro im Jahr werden zwar viele deutsche Filme gefördert, doch ihr Erfolg an den Kinokassen ist mäßig.

Bisher galt in der Filmförderung: "The winner takes it all"

Nach dem Motto "the winner takes it all" erhalten dabei die wenigen deutschen Kassenschlager auch die meisten öffentlichen Fördergelder. Der Großteil der subventionierten deutschen Produktionen floppt dagegen bei den Besuchern und verstopft die deutschen Kinos, ohne dass viele künstlerisch hochwertige Filme dabei entstanden wären.
Seit langem wird daher von vielen Seiten der Branche ein Systemwechsel eingefordert. Jetzt legt Monika Grütters eine Novellierung des Filmförderungsgesetzes vor, deren Eckpunkt am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet wurden. Damit will sie vorsichtig umsteuern. Allerdings unter Beibehaltung der bisherigen Förderstrukturen.
Inhaltlich soll die Drehbuchentwicklung und der Kurzfilm stärker gefördert werden. Die Fördergremien der Filmförderungsanstalt FFA sollen schlanker und professioneller werden: Künftig sollen nur noch fünfköpfige Experten-Kommissionen über die eingereichten Filmprojekte entscheiden, die Kommissionsmitglieder sollen rotieren und jeweils neu aus einem Expertenpool mit Fachleuten aus der Praxis besetzt werden.

"Die Kreativen verlieren ein Einfluss in den Fördergremien"

Zudem sieht der Kabinettsentwurf die Besetzung der Förderkommissionen mit mehr Frauen vor – mit 30 Prozent ab 2017, ab 2018 mit 50 Prozent Frauenanteil. Für die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea Rößner, ist die paritätische Besetzung der Gremien ein richtiger erster Schritt – doch noch lange nicht genug.
Rößner: "Wir haben da einen großen Unterschied zwischen Projekten, die von Männern eingereicht werden, und die von Frauen eingereicht werden, und dann auch noch mal wer dann bewilligt bekommt, und insofern muss man den Gründen dafür mal auf die Spur kommen, und das fehlt gänzlich."
Mit dem neuen Filmförderungsgesetz will Grütters "Kreativität und Mut im deutschen Film stärken". Der Bundesverband Regie stellte dem Entwurf dennoch ein mittelmäßiges Zeugnis aus. Richtig sei, dass die Produktion von Drehbüchern und Kurzfilmen gestärkt werde, erklärte Geschäftsführer Jürgen Kasten. Doch es sei problematisch, dass in den verschlankten Fördergremien ausgerechnet die Kreativen an den Rand gedrängt würden. Denn die Kommissionen würden künftig zu zwei Dritteln mit Filmverwertern besetzt.

Blockbusterfähigkeit wichtiger als künstlerische Qualität?

"Mir ist überhaupt nicht klar, wieso ein Kinobesitzer und ein Verleiher mehr über die Förderungswürdigkeit eines bisher nur als Drehbuch vorliegenden Antrags wissen sollten als beispielsweise ein Drehbuchautor und Regisseur. Da erwarten wir eine Schieflage in den Entscheidungen, dass man überwiegend auf die Blockbusterfähigkeit achtet, und nicht auf die tatsächliche künstlerische Qualität des Projekts."
Mit Sorge sieht der Zusammenschluss der Regisseure auch die geplante Mindestförderquote von 200.000 Euro, mit der eine stärkere Konzentration der Fördermittel erreicht werden solle. Auch dies gehe zu Lasten der künstlerischen Qualität.
"Das bedeutet bei gleichbleibenden Mitteln, dass weniger Filme gefördert werden, und das trifft dann vor allem die Filme im kleinen und mittleren Budget, die künstlerisch ambitioniert sind."
Das Gegenteil sei der Fall, heißt es dagegen aus dem Hause Grütters. Man wolle in der Tat künftig die Zahl der subventionierten Filme reduzieren, die kaum Aussicht auf Erfolg hätten. Dies diene aber gerade der Qualitätssteigerung. Künstlerisch anspruchsvolle Spielfilme würden zudem zusätzlich über die "kulturelle Filmförderung" gefördert. Grütters hatte das Budget für dieses Sonderprogramm zuletzt um 15 Millionen Euro erhöht und damit mehr als verdoppelt.
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