Bund Deutscher Milchviehhalter fordert konkrete Maßnahmen von der Politik

29.07.2008
Romuald Schaber vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter fordert im Vorfeld des Gipfels unter anderem die Reduzierung der Produktionsmenge, damit die Preise für Milch steigen - auf 43 Cent netto pro Liter. Ziel sei, die Milchmenge am Markt zu verringern, damit die Molkereien nachhaltig wirtschaften und den Preis nach oben bringen könnten, sagte der Präsident des Verbandes, Romuald Schaber.
Moderatorin: Heute wird Bundesverbraucherminister Seehofer zu einem Gespräch in großer Runde einladen, dieses Mal ein echter Milchgipfel, nicht nur Einzelgespräche mit diesem oder jenem Verband, sondern mit allen: Landwirten, Handel, Industrie und Molkereien. Mit dabei auch wieder der David unter den Bauernverbänden, der Bund Deutscher Milchviehhalter. Romuald Schaber ist der Präsident, schönen guten Morgen in der Ortszeit, Herr Schaber!

Romuald Schaber: Guten Morgen!

Moderatorin: Was kommt denn bei Ihnen vom gestiegenen Milchpreis inzwischen an?

Schaber: Bis jetzt allenfalls zwei, maximal drei Cent. Man muss aber auch sagen, dass durchaus der Preisrückgang, der Preisverfall, gestoppt werden konnte. Ohne die Maßnahme von damals, ohne den Milchlieferstopp, wären wir heute sicherlich zwei bis drei Cent noch mal niedriger, als wir jetzt aktuell sind.

Moderatorin: Was fordern Sie nun heute vom Verbraucherschutzminister?

Schaber: Wir fordern ganz konkrete Maßnahmen, die möglichst schnell umgesetzt werden mit dem Ziel, die Milchmenge am Markt zu verringern. Nur dadurch kann der Preis dann wirklich nachhaltig von den Molkereien erwirtschaftet und auch nach oben gebracht werden.

Moderatorin: Wie konkret sind diese Maßnahmen, die Sie sich da vorstellen?

Schaber: Eine Maßnahme zum Beispiel würde diesen Umrechnungsfaktor ändern von 1,02 auf 1,03, der Hintergrund ist ja, dass die Milch in Litern erfasst wird, dann auf Kilogramm umgerechnet werden muss, um in Kilogramm bezahlt werden zu können. Der jetzige Faktor führt zu einer unnötigen Überproduktion, und deshalb wollen wir ihn ändern. Die zweite Maßnahme betrifft die sogenannte Saldierung, also die Verrechnung von Quoten am Quotenjahresende. Auch hier wollen wir eine Einschränkung, damit in Zukunft jeder Landwirt sich an seine Quote halten muss und die Überproduktion vermieden wird.

Moderatorin: Dürfen denn bislang die Landwirte mehr abliefern, als sie eigentlich produzieren dürfen?

Schaber: Ja, eben aufgrund dieser Saldierungsmöglichkeit kann ein Landwirt, der über seiner Quote liegt, auf eine Quote eines Landewirts liefern, der sie nicht ganz ausgeschöpft hat. Diese Möglichkeit führt aber zur Spekulation, weil viele Landwirte sich ausrechnen, dass viele andere unterliefern und am Schluss ist dann das böse Erwachen. Letztes Jahr beispielsweise wurden 370.000 Tonnen in Deutschland mehr geliefert als die Landwirte an und für sich gedurft hätten aufgrund ihrer Quoten, und das belastet natürlich den Markt unheimlich.

Moderatorin: Das macht die Preise kaputt. Was fordern Sie denn konkret an Preissteigerungen für Sie?

Schaber: Wir fordern nach wie vor 43 Cent netto, wir liegen ja zur Zeit bei etwa 32 Cent im Schnitt in Deutschland und das heißt halt, 10 bis 12 Cent muss der Preis schon noch mal nach oben.

Moderatorin: Sagt das denn auch der große Bauernverband, mit dem Sie ja durchaus Ihre Differenzen haben als David unter den Verbänden, als Milchviehhalterverband?

Schaber: Ja, es ist richtig, da gibt es Differenzen, aber im Grunde genommen fordert der Bauernverband auch höhere Preise. Wir streiten uns allerdings ein bisschen über den Weg dahin. Wir wollen konkrete Maßnahmen, die auch schnell umgesetzt werden können, der Bauernverband setzt eher auf Maßnahmen, die mittel- und langfristig greifen, aber das dauert uns zu lange. Aber, ich sage mal, vom Ziel her sind wir nicht auseinander.

Moderatorin: Stehen denn alle Landwirte hinter Ihren Forderungen?

Schaber: Das war immer die große Frage, ob dem kleinen Verband auch die Mehrheit der Bauern folgt und ob sie ihn unterstützen. Wir haben deshalb vor fünf Tagen eine Umfrage unter allen deutschen Milchbauern gestartet, heute sind bereits erste Ergebnisse bekanntgegeben worden von uns. Über 80 Prozent der Nicht-BDM-Mitglieder und über 90 Prozent unserer Mitglieder unterstützen unsere Forderungen und insofern kann man wirklich sagen, die deutschen Bauern unterstützen den BDM und unterstützen dessen Forderungen.

Moderatorin: Nun ist die große Frage, ob Sie irgendwann auch Unterstützung vom Handel bekommen, das ist ja im Augenblick Ihr Gegner. Was erwarten Sie von denen?

Schaber: Wir erwarten vom Handel natürlich, dass er auch seinen Teil dazu beiträgt, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, ich denke da in erster Linie daran, in Zukunft auf unnötige Sonderangebote zu verzichten, die Milch als Lockvogel zu benutzen, um die Leute in die Geschäfte zu ziehen. Aber ich muss schon sagen, die Hauptverantwortung liegt wirklich bei der Molkereiwirtschaft und bei den Bauern, dass hier gemeinsam Maßnahmen umgesetzt werden, die auch den Markt in ein ausgeglichenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage setzen.

Moderatorin: Im Jahr 2015 werden ja die EU-Milchquoten auslaufen, da herrscht ja schon große Angst, vor allen Dingen bei den kleineren Betrieben. Hoffen Sie auf Unterstützung aus Brüssel, gerade für diese?

Schaber: Zurzeit zeigt sich aus Brüssel nicht viel Bewegung, Fischer Boel hat ja jetzt angekündigt, einen Milchfonds für kleinere Bauern aufzulegen. Ich halte es für eine reine Propagandamaßnahme, das muss man wirklich so sagen, denn die Frage der jetzigen Milchpreise ist nicht eine Frage von groß und klein, mit diesen Preisen kann auch ein Großbetrieb im Osten nicht leben. Der Milchfonds dient ja eher dazu, benachteiligte Gebiete zu unterstützen, und das schließt aber nicht aus, dass wir gleichzeitig einen kostendeckenden Milchpreis auch in guten Lagen brauchen. Wir brauchen beides, wir brauchen eine vernünftige Marktregelung und wir brauchen einen Milchfonds aus Brüssel.

Moderatorin: Wenn heute keine Einigung beim Verbraucherschutzminister in Berlin erzielt werden wird, was dann? Gibt es einen neuen Lieferboykott?

Schaber: Nein. Zurzeit ist überhaupt nicht daran gedacht, weil wir wirklich in Verhandlungen sind. Wir haben ja noch mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht, die etwas länger dauern, und wir setzen wirklich auf die Vernunft der Beteiligten. Ich denke, es ist in der Politik angekommen, dass die deutschen Bauern eine großartige Unterstützung aus der Bevölkerung haben, die Leute wollen, dass Milchproduktion erhalten bleibt, dass Qualität erhalten bleibt, und deshalb sind wir auch der Meinung, muss es nicht zum Lieferstopp kommen.

Moderatorin: Der Präsident des Bundes der Deutschen Milchviehhalter Romuald Schaber war das im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Schönen Dank dafür!

Schaber: Danke schön!