Bruckner auf Habsburgisch

21.05.2012
Eine typische Alterskarriere erlebt gerade Stanisław Skrowaczewski. Die polnische Dirigentenlegende - in ihrem 89. Lebensjahr - wird nachwievor weltweit von Orchestern eingeladen. Der aus Lemberg gebürtige Musiker darf sich quasi aussuchen, welche Stücke er dirigiert. Und dabei sind immer wieder die Sinfonien Anton Bruckners.
In seinen Jahren als Chef des Sinfonieorchesters des Saarländischen Rundfunks in Saarbrücken gelangen ihm vor zehn Jahren beachtliche Konzerte und vielfach ausgezeichnete Einspielungen gerade mit diesem Repertoire. Skrowaczewski hat nicht nur viele Jahre alle bedeutenden polnischen und einige europäische Orchester geleitet, sondern vor allem in den USA für Aufsehen gesorgt.

Nun kehrt er quasi an die Wurzeln zurück. In Breslau und Kattowitz hatte nach 1945 seine Karriere begonnen. Das Nationale Sinfonieorchester des Polnischen Rundfunks leitet er in Bruckners schicksalshaft unvollendeter Neunter Sinfonie. Man darf gespannt sein, ob dieser fast schon jenseitig entrückte Bruckner altersweise und mild klingt oder vielleicht auch besonders habsburgisch.

Stanisław Skrowaczewskis Heimatstadt Lemberg gehörte schließlich viele Jahre zur K.und K.-Monarchie. Der Dirigent ist aber auch kreativ als Komponist tätig und anerkannt. Seine "Musik Für Bläser", die er mit dem Kattowitzer Rundfunksinfonieorchester aufführt, versteht er als kritischen Kommentar zur Entwicklung der Kultur. In diesem sehr extravagant besetzten Werk finden sich tragische, aber auch optimistisch-kämpferische Töne.


Grzegorz-Fitelberg-Konzertsaal Kattowitz
Aufzeichnung vom 18.5.12


Stanisław Skrowaczewski
Music for Winds

Anton Bruckner
9. Sinfonie


Nationales Sinfonieorchester des Polnischen Rundfunks
Leitung: Stanisław Skrowaczewski