Breitbart News

Die Lügner sind immer die anderen

Donald Trumps Wahlkampfmanager und Chefstratege im Weißen Haus, Steve Bannon
Als eine seiner ersten Personalentscheidungen berief der desiginierte US-Präsident Trump den Breitbart-Chef Steve Bannon zum Chefstrategen. © MANDEL NGAN / AFP
Mark Heywinkel im Gespräch mit Nana Brink · 28.11.2016
Breitbart News ist das Sprachrohr der sogenannten "Alt-Right" in den USA. Jetzt will die rechtspopulistische Nachrichtenseite auch nach Deutschland expandieren. Wir haben den Journalisten Mark Heywinkel gefragt, wie seriöser Journalismus darauf reagieren soll.
Nana Brink: Die rechtspopulistische Nachrichtenseite Breitbart schürt täglich den Ärger der sogenannten Angry White Men auf das Establishment. Breitbart News, das muss man sich auch mal vor Augen halten, ist eine der wichtigsten politischen Webseiten in den USA, liegt auf Platz 34 der meistgelesenen Medienseiten, und es gilt mittlerweile als eines der wichtigsten Sprachrohre der Alt-Right – das ist die alternative right –, die sich ja in den letzten Jahren rechts der republikanischen Partei formiert hat und nicht unerheblich zum Erfolg auch von Donald Trump beigetragen hat.
Nun soll das Leitmedium auch einen deutschen Ableger starten im Internet, das zumindest ist geplant, und wir fragen uns: was erwartet uns da? Mark Heywinkel ist Redakteur beim Onlinemagazin "ze.tt" von der "Zeit", und er hat eine Woche lang Breitbart gelesen. Guten Morgen!
Mark Heywinkel: Guten Morgen, Frau Brink, hallo!

Geradezu "klischeehaft konservativ"

Brink: Was haben Sie denn da gelesen?
Heywinkel: Ja, Dinge, die ein bisschen beunruhigend sind. Breitbart ist 2007 gestartet, Andrew Breitbart hat das gegründet so als Gegenpol zu den Mainstream Media und um Pro-Israel-Berichterstattung zu machen, die seiner Meinung nach in den USA zu kurz kam. Breitbart ist selbst 2012 gestorben, und dann hat Steve Bannon übernommen und diese Seite sehr nach rechts gerückt. Sie haben das eben schon gesagt, es ist jetzt so das Leitmedium der Alt-Right in den USA, könnte man sagen. Und was man da liest, ist tatsächlich so ganz klischeehaft konservativ.
Also, jetzt gerade vor Weihnachten werden da die zehn schönsten Waffen empfohlen, man hat sich aus Großbritannien einen Kolumnisten geholt, der sehr stark immer gegen den Feminismus schießt, gerade im US-Wahlkampf wurde da ganz klar Partei für Trump bezogen und gegen Clinton, es wird jeden Tag gegen die Medien geschossen, also, das ist wirklich eine sehr rechtspopulistische Website, wie Sie gesagt haben, und das auch, ohne einen Hehl daraus zu machen.
Brink: Wenn wir noch mal ein bisschen genauer hingucken, was da entdeckt wird, die arbeiten ja viel auch mit sogenannten Faked News – das ist ja auch etwas … na ja, so ganz neu ist es eigentlich nicht –, also mit gefakten, mit, sagen wir, nicht der Wahrheit entsprechenden Nachrichten. Wie funktioniert das?
Heywinkel: Tja, das funktioniert erst mal so, dass Breitbart sich immer als sehr objektive Quelle positioniert und grundsätzlich sagt, alle anderen Medien lügen. Also wenn man da so ein bisschen die Social-Media-Accounts verfolgt, dann sieht man da ohne jeden Anlass immer mal wieder so Posts aufploppen, auf denen dann einfach plakativ steht, "CNN lies", CNN lügt – alle anderen sind immer die Lügner und Breitbart selbst spricht sich damit so eine gewisse Glaubwürdigkeit zu.
Unter diesem Deckmantel werden dann aber Sachen rausgehauen, die auch nicht immer der Wahrheit entsprechen. Ich habe das eben schon gesagt, mit Clinton, was da im US-Wahlkampf über sie berichtet wurde, mit der E-Mail-Affäre zum Beispiel, das war auch immer nicht ganz wasserdicht, aber das unterschlägt man dann ganz gerne.
Und Social-Media-technisch ist Breitbart im Vergleich zu anderen US-Websites sehr gut aufgestellt, und das, was da gepostet wird, das wird dann auch häufig geteilt, und so werden dann Faked News plötzlich zu wahren News, indem sie sich einfach besser verbreiten als die richtigen Informationen.

Breitbarts Einfluss "schwierig einzuschätzen"

Brink: Das zum Thema "wir leben in einer postfaktischen Gesellschaft", das möchte man beim Einfluss von Breitbart ja dann auch gerne annehmen. Apropos Einfluss: Wie groß ist denn wirklich der Einfluss, wie schätzen Sie das ein?
Heywinkel: Ja, das ist so ein bisschen schwierig einzuschätzen, allerdings hat man mit Steve Bannon jetzt in der US-Politik jemanden, dessen Einfluss wahrscheinlich viel zu groß ist. Also Steve Bannon leitet gerade Breitbart, im US-Wahlkampf war er der Chefredakteur, und er hat das so gut gemacht, also diese Pro-Trump-Kampagne von Breitbart, dass er dann kurzerhand im August in Trumps Wahlkampfteam berufen wurde und jetzt plötzlich Chefstratege von Trump ist und dafür sorgt, dass der Einzug ins Weiße Haus gut abläuft. Und das ist natürlich problematisch.
Also, dieser Steve Bannon hat jetzt seine Arbeit für Breitbart wohl unterbrochen, nichtsdestotrotz hat man mit ihm jetzt jemanden da in Doppelfunktion im Weißen Haus sitzen, und das finden viele sehr bedenklich, gerade weil sich Bannon als konservativ und sehr weit rechts einordnet.
Brink: Bedenklich auf der einen Seite, aber muss man auf der anderen Seite nicht auch konstatieren, dass das eben genau auch die Art ist, wie das Internet funktioniert, dass solche Seiten Erfolg haben und dass man ihnen eigentlich schwer Herr werden kann, auch wenn einem der Inhalt nicht gefällt – wie geht's Ihnen?
Heywinkel: Ja, das ist jetzt die große Frage: wie geht man eigentlich dagegen an? Das waren auch so die Reaktionen, die mein Artikel bei der "Zeit" ausgelöst hat, also nicht nur konstatieren, oha, da passiert gerade irgendwie was Schlimmes, wir haben immer mehr rechtspopulistische Inhalte im Netz, die sich da ganz aktiv verbreiten, sondern wie gehen wir jetzt eigentlich dagegen vor, gerade in Anbetracht dessen, dass Breitbart plant, nach Europa, sprich nach Frankreich und Deutschland zu kommen. Das ist eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist.

Differenzierte Berichterstattung muss die Menschen erreichen

Der Medienmogul der USA, Jeff Jarvis, hat gesagt, wir müssen einfach mehr richtige Informationen verbreiten und die besser verbreiten, als das jetzt so eine rechtspopulistische Website wie Breitbart zum Beispiel tut. Also, das bedeutet, wir kommen dem bei im Internet, indem wir weiter und besser vielleicht differenzierte Berichterstattung machen und dafür sorgen, dass die auch die Leute erreicht.
Brink: Glauben Sie daran?
Heywinkel: Ich glaube da sehr dran, ja. Es wäre ein Armutszeugnis, wenn ich als Journalist nicht daran glauben würde, dass wir unsere richtigen Informationen in den Äther hinaussenden können. Ich hoffe und ich glaube sehr daran, dass uns das gelingt, auf jeden Fall.
Brink: Vielen Dank, Mark Heywinkel, Redakteur beim Onlinemagazin "ze.tt" von der "Zeit", und er hat eine Woche lang Breitbart gelesen, eines der meistgelesenen rechtspopulistischen Onlineportale in den USA.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema