Body Shaming

Wer hat Angst vorm weiblichen Geschlecht?

Eine Frauenhand sticht mit Zahnstochern in eine Voddoo-Puppe.
Besonders im rechten Lager wird oft die Angst vor Frauen und einer von ihnen errichteten "Gender Diktatur" geäußert. © Imago / Paul von Stroheim
Franziska Schutzbach im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 26.07.2016
Frauen werden oft für ihre Optik kritisiert, anstatt sich mit ihren Standpunkten auseinanderzusetzen. Besonders gern wird dabei von rechts nach links gepöbelt. Was dahinter steckt, weiß die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach.
Bestsellerautor Thomas Glavinic beschimpft Stefanie Sargnagel als "sprechenden Rollmops", der Schweizer Politiker Andreas Glarner meint, "es sei nicht grundlos, dass die meisten hässlichen Frauen links sind". Frauen mit starken Positionen werden von ihren inhaltlichen Gegnern oft nicht in der Sache kritisiert, sondern für hässlich erklärt.
"'Body Shaming' bedeutet, dass vor allem Frauen, aber das kann auch Männer betreffen, aufgrund von körperlichen Merkmalen diskreditiert und öffentlich diffamiert werden - und reduziert werden auf körperliche Merkmale", sagt die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach. "Oftmals wird eben auf das Gewicht gezielt bei Frauen." Stefanie Sargnagel etwa sei dann in weiteren Kommentaren als "hässliche Schlampe" bezeichnet worden.

Revival des traditionellen Sexismus

Dahinter steckt Schutzbach zufolge eine sexistische Tradition, die Frauen den Status des Subjekts abspricht:
"Das heißt, sie sind vor allem da, um zu gefallen oder um bewertet zu werden und eben nicht, um politisch zu partizipieren."
Insofern sei "Body Shaming" auch ein Ablenkungsmanöver:
"Männer pochen dann quasi auf ihr Privileg und versuchen, inhaltliche Positionen von Frauen an deren Äußerem festzumachen und sie dadurch auf ihren Platz zu verweisen."

Konservatives Rückzugsgefecht gegen den "Genderismus"

Auffallend ist, dass mit "Body Shaming" oft von rechts nach links geschossen wird:
"In diesem Hass auf Gender geht es ja nicht nur um die Frage von weiblicher Selbstbestimmung, sondern es geht auch um die Frage von Selbstbestimmung oder gleichen Rechten für Homosexuelle, Transgender und so weiter."
Für viele konservativ Denkende sei es eine Bedrohung, "wenn sozusagen das, was sie leben, nicht mehr die Norm ist", sagt Schutzbach.
Dass inzwischen einige Frauen Führungspositionen in rechtspopulistischen Parteien bekleideten, sei da nur ein kleiner Widerspruch:
"Denn gerade in der letzten Zeit haben die Rechten ja auch für sich eine Art Feminismus, also neuen Feminismus entdeckt. Gerade auch in Abgrenzung zum sogenannten Islam oder auch zu den muslimischen Leuten, denen dann eben Konservatismus unterstellt wird, pochen die Rechten ja seit jüngstem gern darauf, dass sie für Frauenrechte sind und das als Aushängeschild des Abendlandes auch deklarieren."
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