Blockchain-Technologie

Machtverlust für mehr Sicherheit

Der Aktienhandel verlagert sich immer mehr in die virtuelle Welt.
Der Aktienhandel verlagert sich immer mehr in die virtuelle Welt. © picture alliance / dpa / Foto: Ritchie B. Tongo
Von Thomas Reintjes · 30.03.2016
Blockchain - klingt kompliziert, ist es auch. Blockchain-Technik soll, sagen manche Experten, unsere Gesellschaft revolutionieren. Blockchain ist die Technik hinter Bitcoin, der digitalen Währung. In Zukunft könnten sich noch ganz andere Behörden mit Blockchains beschäftigen.
Vorab ein kurzer Versuch, Blockchain-Technik zu erklären. Der Begriff Blockchain bedeutet übersetzt soviel wie "eine Kette von Blöcken". Die Blöcke sind Datenblöcke. Sie sind aneinandergereiht und miteinander verknüpft. Neue Informationen werden regelmäßig in einen neuen Block gegossen und an die Kette angehängt. Die kürzeste Erklärung für Blockchain, die dem Politikwissenschaftler Bastian S. einfällt, geht so:
"Eine Blockchain ist eine dezentrale oder verteilte Datenbank, wo es keine zentrale Autorität gibt, die definiert, was der aktuelle korrekte Stand der Datenbank ist."
Die Datenbank steht nicht unter der Kontrolle einer Person oder Institution, sondern jeder, der mit einer Software Zugriff auf die Blockchain hat, hat seine eigene Kopie der Datenbank. Kryptografie stellt sicher, dass niemand die Daten in den Blöcken verändern kann. In der Bitcoin-Blockchain wird gespeichert, wer welchen Bitcoin besitzt. In zukünftigen Blockchains könnten auch alle möglichen anderen Besitzverhältnisse gespeichert werden:
"Zum einen könnte man natürlich sagen, dass es die Aufgabe des Staates ist, Eigentumskonflikten vorzubeugen. Und sozusagen eine Förderung dieser Technologie wäre einfach eine Möglichkeit, dieser Funktion nachzukommen."

Grundbuch könnte überflüssig werden

Konkret: Das Grundbuch könnte in eine Blockchain überführt werden. Die Regierung von Honduras hat schon Interesse an dieser Idee gezeigt. Denn ein Blockchain-Grundbuch wäre vor Manipulationen sicher, Korruption wäre ein Riegel vorgeschoben. Auch die britische Regierung interessiert sich für Blockchain-Technik. Ihr wissenschaftlicher Berater, Mark Walport, hat kürzlich einen 88-seitigen Bericht darüber vorgelegt, wie der Staat mit der Technik umgehen sollte. Julie Maupin vom Max-Planck-Institut für Ausländisches Öffentliches Recht in Heidelberg hat ihn gelesen:
"Darin geht es darum, wie man Blockchains nutzen könnte, um Steuern zu erheben oder um Sozialleistungen auszuzahlen. Oder wie man die Sicherheit von Infrastruktur damit verbessern kann: etwa Straßen oder Brücken, in die Sensoren eingebaut sind. Deren Daten könnten kryptografisch in einer Blockchain gesichert werden. Also, das ist ein weites Feld. In was sie zuerst investieren werden, bleibt offen. Wir müssen abwarten, wie sich die Technik und die Politik entwickeln."
Sie glaubt auch, dass ein Teil der öffentlichen Verwaltung in Zukunft durch Blockchains überflüssig werden könnte. Zuerst wird vielleicht das Grundbuchamt geschlossen und danach das Straßenverkehrsamt, weil wir unsere Autos in der Blockchain registrieren.
Das Startup Bitnation denkt weiter. Internet-Aktivisten haben das Unternehmen 2014 als eine Art virtuelle Aktiengesellschaft gegründet und Anteile per Blockchain verkauft. Ihr Ziel: ein komplett digitalisierter und virtualisierter Staat. Julie Maupin nennt die Bitnation ein interessantes Gedankenexperiment, das sich allerdings schon jetzt in der realen Welt niederschlägt.

Prozesse werden sicherer und effizienter

"Angefangen haben sie mit dem Versuch, Flüchtlingen zu helfen, Leuten, die keinen Pass haben, eine digitale Identität zu geben. Die Hoffnung ist, dass sie dabei mit Regierungen zusammenarbeiten können, um den massiven Flüchtlingszustrom zu managen - in Europa, aber auch weltweit. Aber diese konkreten Anwendungen müssen sehr genau durchdacht werden, bevor so etwas wie Bitnation oder digitale Identitäten Realität werden können."
Für den Staat könnte Blockchain-Technik bedeuten, dass viele Prozesse sicherer und effizienter werden. Damit einher ginge aber auch ein gewisser Verlust an Kontrolle und Macht. Wie mächtig die Blockchain einmal wird, ist nicht abzusehen. Noch steckt die Technik in den Anfängen. Noch ist Zeit, sich auf die Änderungen, die sie mit sich bringen wird, einzustellen.
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