Bittere Bilanz des Krieges

Von Otto Langels · 27.01.2008
Seit den 50er Jahren waren die USA in einen Krieg verwickelt, den sie offiziell nie erklärt hatten. Als Vietnamkrieg ging die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen dem kommunistischen Nordvietnam und der Befreiungsbewegung im Süden in die Geschichte ein. Weltweite Proteste gegen das brutale Vorgehen des US-Militärs führten schließlich zu Friedensgesprächen in Paris, die mit einem Waffenstillstandsabkommen am 27. Januar 1973 endeten.
"The cease fire will take the fact at 24.00 h Greenwich Mean Time, January 27th 1973."

Der amerikanische Präsident Richard Nixon kündigt in einer Rundfunkansprache das Waffenstillstandsabkommen für Vietnam an.

Mehr als ein Jahrzehnt hatten sich bis dahin im zweiten Indochinakrieg vier Kriegsparteien gegenüber gestanden: die USA und das südvietnamesische Regime in Saigon auf der einen Seite, und Nordvietnam im Bündnis mit der Nationalen Befreiungsfront der Vietkong auf der anderen Seite.

Seit 1954 war Vietnam entlang dem 17. Breitengrad geteilt. Nordvietnam unter Führung Ho Tschi Minhs strebte die Wiedervereinigung des Landes an, allerdings unter kommunistischem Vorzeichen. Südvietnam dagegen wollte mit Hilfe der USA sein autokratisches Herrschaftssystem gegen die Befreiungsbewegung der Vietkong verteidigen. Daraus entwickelte sich Mitte der 60er Jahre ein militärischer Konflikt mit internationalen Dimensionen.

Die Vietkong eroberten mit Unterstützung Nordvietnams weite Teile des Südens und forderten die USA heraus, die ein weiteres Vordringen des Kommunismus in Südostasien verhindern wollten. Doch trotz des Einsatzes hochmoderner Waffen und einer halben Million Soldaten konnten die Amerikaner keine dauerhaften Erfolge erzielen.

Zudem sahen sie sich weltweiten Protesten ausgesetzt. Über sieben Millionen Tonnen Bomben warf die US-Luftwaffe auf Vietnam, mehr als dreimal so viel wie im Zweiten Weltkrieg. Napalm- und Splitterbomben wurden eingesetzt, Wälder entlaubt, riesige Landflächen vergiftet und Massaker an der Zivilbevölkerung verübt.
Im Mai 1968 begannen geheime Friedensgespräche in Paris unter Leitung des amerikanischen Sonderberaters Henry Kissinger und des nordvietnamesischen Chefdelegierten LeDucTho. Nach viereinhalb Jahren kam eine Vereinbarung zustande. Am 27. Januar 1973 trafen sich die Außenminister der vier Kriegsparteien im Internationalen Kongresszentrum in Paris.

Reportage: "In diesem Augenblick sind nun also alle Delegationsleiter eingetroffen. Vor ihnen liegen die Mappen mit den unterschriftsbereiten Dokumenten. Jetzt also beginnt hier die Unterzeichnung der Abkommen."

Die Vereinbarung sah den Abzug aller US-Soldaten und Berater innerhalb von 60 Tagen sowie die Entminung der nordvietnamesischen Gewässer vor. Im Gegenzug sicherte Nordvietnam die Freilassung der amerikanischen Kriegsgefangenen zu. Die Waffen sollten schweigen, und Nord- und Südvietnam den 17. Breitengrad als vorläufige Grenze respektieren, bis freie Wahlen über die Zukunft des Südens entschieden.
Der nordvietnamesische Unterhändler LeDucTho äußerte sich auf einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen. Ein Reporter fasste seine Ausführungen zusammen:

"Dieses Abkommen ist die Krönung von 13 Jahren aufrechtem Kampf des vietnamesischen Volkes gegen die amerikanischen Imperialisten und eine Gruppe von vietnamesischen Verrätern. Dieser Kampf hat einen hohen Preis und viele Opfer erfordert. Mit diesem Abkommen haben auch das amerikanische Volk und alle friedliebenden Völker der Welt einen Sieg errungen."

In den USA nahm die Bevölkerung die Vereinbarung erleichtert auf, ermöglichte sie doch den Rückzug aus einem brutalen und verlustreichen Krieg.

Reportage: "Jeder atmet ja nun auf, dass dieser so viele Jahre dauernde Krieg vorbei ist: Nicht nur die jungen Männer, die nun nicht mehr in den Dschungel von Vietnam geschickt werden. Und nicht nur die Mütter, Frauen, Geschwister, Väter, Brüder der Kriegsgefangenen. Überhaupt jeder ist froh, dass dieser Krieg vorbei ist."

Die bittere Bilanz des Vietnamkriegs: Die Amerikaner hatten 55.000 Gefallene zu beklagen, die Vietnamesen vier Millionen.
Henry Kissinger und LeDucTho erhielten für den Abschluss des Abkommens den Friedensnobelpreis, aber der Vietnam-Konflikt war nicht zu Ende. Beide Seiten hielten sich nicht an die Vereinbarungen und versuchten, ihre Gebiete mit Waffengewalt zu vergrößern. Zwei Jahre später brach die südvietnamesische Armee unter dem Ansturm Nordvietnams zusammen. Am 30. April 1975 wurde Saigon besetzt und am 2. Juli 1976 die Sozialistische Republik Vietnam als gesamtvietnamesischer Staat gegründet.
Erst nach dem Untergang des sowjetischen Imperiums verbesserte sich das Verhältnis zwischen den USA und Vietnam. 1995 nahmen beide Staaten wieder diplomatische Beziehungen auf.