Bessere Behandlung dank schneller Bildübertragung

Von Peter Kaiser · 03.05.2012
Bisher mussten nach schweren Unfällen Röntgen- und CT-Bilder oft umständlich mit dem Taxi von einer Klinik in die andere gebracht werden. Mit einer Initiative der deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie wird nun die Bildübertragung deutlich vereinfacht und so wertvolle Zeit gespart.
Der alltägliche Horror: eine nasse Landstraße, ein Hindernis, ein Fahrfehler, der Unfall. Für 35.000 Menschen jährlich geht es nach einem solchen Szenario oft um Leben oder Tod. Dabei spielt die Zeit, in der die Organ- und Knochenschäden erstversorgt werden können, eine entscheidende Rolle, sagt Johannes Sturm von der Akademie der Unfallchirurgie in München:

"Bei Lebensgefahr wird er in das nächste Krankenhaus gebracht. Wenn der Patient in dieses Krankenhaus kommt, wird sein Überleben sichergestellt. Das ist das Entscheidende. Wenn die Kopfverletzung dann zu kompliziert ist, und in großen Kliniken braucht man bis zu acht Spezialisten in einzelnen Versorgungen, dann ist dieses Krankenhaus damit überfordert."

Nun kooperieren inzwischen zwar rund 800 deutsche Kliniken in regionalen Traumanetzwerken, das heißt, sie übermitteln sich elektronisch Diagnosen oder CT- Bilder, nur kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Kommunikationsproblemen, weil in den Kliniken oft mit unterschiedlichen technischen Equipment gearbeitet wird. Die Folge ist: Die CT-Bilder werden per Taxi zu den nächst größeren Kliniken gebracht. Das kostet Zeit. Wie es anders geht, wird in einem Videoclip der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie am Beispiel eines Unfalls in Bayern dargestellt.

"Ich sende Ihnen grade den Datensatz eines 31-jährigen Patienten ..."

Während in der Videodemonstration der Spezialist in Regensburg den Patienten zur Behandlung anfordert und sofort der Helikopter startet, bereitet sich das Schockraum-Team in der Uniklinik auf die Weiterbehandlung vor.

"Diese Weiterbehandlung kann nun ganz spezifisch auf den erwarteten Patienten erfolgen. Alle hierfür relevanten Daten liegen dank der telemedizinischen Übermittlung bereits vor."

Damit alle bundesdeutschen Kliniken auf teleradiologischen Empfang gehen können, startete die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie kürzlich das Teleradiologie-Netzwerk zur Versorgung Schwerstverletzter. Worum es sich dabei handelt, erläutert Gerald Weisser, Vorsitzender der AG Informationstechnologien der Deutschen Röntgengesellschaft in Mannheim:

"Das Telekooperationsnetzwerk ist der erste bundesweite Ansatz, bestehende Teleradiologienetze quer zu vernetzen. Der Vorteil für den Patienten ist dass man eben tatsächlich eine viel schnellere und einfachere Therapieplanung bei bestimmten Erkrankungen machen kann. Das man sehr oft tatsächlich auch Untersuchungen nicht noch einmal anfertigen muss. Sondern eben bereits bestehende Bilddaten, in Originalbildqualität, für die aktuelle Erkrankung eben hinzuziehen kann, und diese nicht noch einmal anfertigen muss, nur weil die andere Untersuchung in einem entfernten Krankenhaus zu einem früheren Zeitpunkt gemacht wurde."

1500 CT-, Kernspin- oder konventionelle Röntgenbilder plus Erstdiagnosen zu verschicken, ist vom Datenvolumen her kaum möglich. Daher war die verlustfreie Kompression der Bilder, also die Reduzierung des Datenvolumens, eine der Vorgaben zum neuen Telekooperationsnetzwerk. Die Antwort ist die sogenannte "DICOM-Email". Diese Mails werden kurz auf einem zentralen Server gespeichert, komprimiert und verschlüsselt weiter versendet. Die Voraussetzungen, diese Mails dann zu lesen, sind für alle Krankenhäuser gleich.

"Letztendlich muss als Voraussetzung eben eine Internetanbindung für den Partner erforderlich, in einer entsprechenden Geschwindigkeit was heutzutage in fast keiner Region Deutschlands mehr ein Problem darstellt, und auch sehr kostengünstig zu bekommen ist. Und die entsprechende Anbindung, entweder im eigenen Netzwerk, das schon besteht, das dann quervernetzt werden kann, oder falls noch keine entsprechende Anbindung überhaupt besteht, dann eben mit einer entsprechenden Installation einer Software im Krankenhaus."

15 Minuten dauert der Transfer von 1500 CT-Bildern in bester Qualität, sagt Johannes Sturm, Geschäftsführer der Münchner Akademie der Unfallchirurgie:

"Dann wird eine Entscheidung getroffen, das heißt der Patient kann kommen, oder er braucht nicht kommen, so schlimm ist es nicht, das schaffen sie schon. Das ist die Hauptbasisfrage der Verlegung. Man spart sich damit das, was früher der Fall war, der Patient wurde, wenn man nicht wusste, was tun, verlegt, musste einen weiteren Transport aushalten. Das war teuer und vor allem auch sehr gefährlich. Heute wissen wir, gerade auch bei Schädelverletzten, soll er transportiert werden oder muss nicht operiert werden, und er kann dort bleiben, wo er ist. Das ist eine ganz wesentliche Funktion."

Dazu können die Bilder auch an Smartphones oder Tablet-PC geschickt werden, sollte der entsprechende Arzt nicht vor Ort sein können. Die sogenannte "End-zu End-Verschlüsselung", bei der nur der Arzt die Mails öffnen kann, garantiert die Datensicherheit.

Gerald Weisser: "Wenn man es vergleicht mit bestehenden Netzwerken dann ist das eine Stufe sicherer eigentlich. Weil es tatsächlich so ist, dass wir zusätzlich auch noch ein Sicherheitslevel eingebaut haben, dass selbst technische Administratoren auch nicht auf die Patientendaten zugreifen können. Damit eigentlich noch eine Stufe mehr."

Auch die Kosten für den Blitztransfer sind überschaubar: rund 100 Euro Betriebskosten für den Internet- PC pro Monat, pro Klinik.

Die Krankenkassen beteiligen sich, wenn auch im Moment noch zögerlich. Klar ist aber: Beim Telekooperationsnetzwerk spart der Einsatz modernster Technik nicht nur Leben, sondern auch in hohem Maß Kosten. Zugleich wird Spezialistenwissen breiter einsetzbar.