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Arbeitsmarkt
Wieder weniger Schwarzarbeit

Etwa 330 Milliarden Euro werden nach einer neuen Schätzung der Universität Linz und des IAW durch Schwarzarbeit erwirtschaft. Sie ist damit im achten Jahr rückläufig. Über die Gründe für diese Entwicklung gibt es aber Uneinigkeit.

Von Brigitte Scholtes | 07.02.2017
    Eine Frau hält mehrere Geldscheine und einen Handfeger samt Kehrblech hinter ihrem Rücken.
    Schwarzarbeit nimmt in Deutschland weiter ab. (dpa / Felix Kästle)
    Ob im Bau, im Handwerk, im Haushalt oder selbst beim Bierdosenverkauf im Straßenkarneval: Schwarzarbeit gibt es in vielen Bereichen der Wirtschaft. Die gute Nachricht: Die Schattenwirtschaft geht in Deutschland zurück. Und das zum achten Mal in Folge. 330 Milliarden Euro werden im laufenden Jahr voraussichtlich mit Schwarzarbeit erwirtschaftetet, das entspricht 10,4 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt. 2016 waren das noch 10,8 Prozent gewesen.
    Das hat eine Studie der Universität Linz und des Tübinger IAW, dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung, ergeben. Die gute Wirtschaftslage und die besseren Beschäftigungsmöglichkeiten in der offiziellen Wirtschaft seien der wesentliche Grund für diese Entwicklung, sagt Friedrich Schneider, Professor für Volkswirtschaft und einer der Studienautoren:
    "Die Hauptursachen, warum schwarz gearbeitet wird, die enorm hohe Abgabenbelastung des Faktors Arbeit und auch die Regulierungsdichte, die sind ja nicht beseitigt. Es ist ein entscheidender Anfang mit der Abschaffung der kalten Progression gemacht worden."
    Verdi sieht das anders
    Dass es die Regelungsdichte am deutschen Arbeitsmarkt sei, die die Schattenwirtschaft begünstige, sieht Dirk Hierschel, Chefökonom der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, anders:
    "Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass die Regulierungsdichte am Arbeitsmarkt wieder zugenommen hat, da prekäre Beschäftigung bekämpft wurde. Wir haben festgestellt, dass durch die Einführung des Mindestlohns eine gesetzliche Lohnuntergrenze geschaffen wurde. Und all das hätte ja dann zu einer Erhöhung der Schwarzarbeit führen müssen, wenn man den liberalen Arbeitsmarktforschern glaubt. Das Gegenteil ist eingetreten: Mit mehr Regulierung ist die Schwarzarbeit zurückgegangen. Und das ist eine gute Botschaft."
    Der größte Teil der Schwarzarbeit entfällt auf den Bau, aber auch auf den Haushalt. Vier Fünftel der haushaltsnahen Dienstleistungen würden in Schwarzarbeit erledigt, glauben die Experten.
    Im vergangenen Jahr hatten die Studienautoren eine Prognose versucht, wie stark geflüchtete Menschen in Deutschland zur Schattenwirtschaft beitragen. Da habe es keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gegeben, sagt Studienautor Schneider heute. Damals hatte er insgesamt ein Volumen von 1,4 Milliarden Euro veranschlagt:
    "Das ist lächerlich wenig. Und die Flüchtlinge würden damit keinem einzigen Deutschen den Arbeitsplatz wegnehmen. Denn die würden dann die Arbeit erledigen, die eh kein Deutscher mehr macht."
    Schattenwirtschaft bleibt ein Problem
    Klar ist: Die Schattenwirtschaft ist immer noch ein Problem, auch, wenn ein Teil der Wirtschaft boomt, weil Baumaterialien etwa regulär im Handel gekauft werden. Damit werden dann entsprechende Steuern von den Einkäufen in die Staatskasse abgeführt werden. Dominik Enste, im Institut der deutschen Wirtschaft zuständig für Verhaltensökonomik und Wirtschaftsethik, verweist denn auch auf die die Steuermoral, die es zu stärken gelte:
    "Nichtsdestotrotz bleibt das Problem, dass es bestimmte Regeln gibt. Und an diese Regeln sollte man sich dann ein Stück weit auch halten, zumal man ja umgekehrt davon auch profitiert, dass der Staat Bildung, Infrastruktur et cetera bereitstellt, die man eben nicht mitfinanziert, wenn man in der Schattenwirtschaft tätig ist."