Berlinale: "Die andere Seite der Hoffnung" und "Beuys"

Kaurismäkis Herz schlägt für einen syrischen Flüchtling

Szene aus "Toivon tuolla puolen" ("Die andere Seite der Hoffnung) von Aki Kaurismäki.
Eine Schicksalsgemeinschaft: Der syrische Flüchtling Khaled landet bei Restaurantbesitzer Wikström. © Malla Hukkanen © Sputnik Oy
Hannelore Heider im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 15.02.2017
Neun Mal war Aki Kaurismäki bereits eingeladen zur Berlinale, nun hat er es zum ersten Mal in den Wettbewerb geschafft - und gab sich sehr politisch, so unsere Kritikerin. Andres Veiel zeige uns in "Beuys" einen "wirklichen Revolutionär".
"Wir haben ja leider keine Messgeräte, aber meiner Meinung nach ist das der stärkste Beifall gewesen, den es bisher auf der Berlinale gab", urteilt Filmkritikerin Hannelore Heider im Deutschlandradio Kultur über Aki Kaurismäkis Wettbewerbsbeitrag "Die andere Seite der Hoffnung".
"Dabei ist es wirklich ein echter Kaurismäki, also ein Film über die einfachen Leute in Finnland, sehr skurrile Charaktere und vor allem mit sehr lakonischem und melancholischem Humor. Außerdem frönt er auch wieder seiner Vorliebe für die Ausstattung im Stil der 50er- und 60er-Jahre und traurigen, finnischen Liebesliedern."
"Die andere Seite der Hoffnung" erzählt von zwei Menschen, die neu beginnen: einem 50-jährigern Finne, der sein bisheriges Leben hinschmeißt, um sich seinen Traum von einem soliden Speiserestaurant zu erfüllen. Und von Khaled, einem syrischen Flüchtling, der als blinder Passagier eines Kohlefrachters eher zufällig in Helsinki landet und Asyl beantragt. Das Herz von Kaurismäki gehöre eindeutig Khaled, so Hannelore Heider.
"Er hat sich dann auch in der Pressekonferenz sehr dezidiert und sehr politisch geäußert. Sein Film soll schon einen Beitrag dazu leisten, dass wir unser Gewissen entdecken, dass wir unsere Einstellung zu diesen Flüchtlingen ändern. Das ist alles sehr menschlich, mit sehr viel Humor erzählt – ein wunderbarer Film."
Der Künstler Joseph Beuys
Der Künstler Joseph Beuys: Im Film stellt Andres Veiel ihn als politischen Menschen vor.© Ute Klophaus © zeroonefilm/ bpk_ErnstvonSiemensKunststiftung_StiftungMuseumSchlossMoyland
Der Wettbewerbsfilm "Beuys" von Andres Veiel, Regisseur von erfolgreichen Dokumentationen wie "Black Box BRD" oder "Das Himbeerreich", feierte ebenfalls Premiere auf der Berlinale.
"Es wird uns ein Mann nahe gebracht, der wirklich ein Revolutionär war", sagt Hannelore Heider.
"Nicht nur, was die Sprengung der Kunstformen, also auf ästhetischem Gebiet angeht, sondern ein Mann, der mit seiner These, jeder Mensch kann kreativ sein, jeder Mensch kann ein Künstler sein und damit kann auch jeder Mensch verändernd in die Gesellschaft eingreifen, mit dieser These hat er sehr ernst gemacht in seinem Leben."
Der Film komme gut ohne Erzählstimme aus, so die Filmkritikerin, es gebe nur vier "sprechende Köpfe", darunter der Plakatkünstler und Ex-Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck, der viele Jahre eng mit Beuys befreundet gewesen sei.
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