"Berlin '36"

09.09.2009
Nach einer wahren Geschichte erzählt der Film von der verhinderten Teilnahme der jüdischen Weltklasse-Sportlerin Gretel Bergmann an den Olympischen Spielen 1936. Um ihren Sieg unmöglich zu machen, wollte man anfangs eine "Konkurrentin" ins Rennen schicken, die in Wirklichkeit ein Mann war.
BRD 2009, Regie: Kaspar Heidelbach, Hauptdarsteller: Karoline Herfurth, Sebastian Urzendowsky, Axel Prahl, 101 Minuten, ohne Altersbeschränkung

Der vor allem als erfolgreicher Fernsehregisseur bekannt gewordene Kaspar Heidelbach setzt die inzwischen so erfolgreiche Mode fort, deutsche Geschichte aus tiefbrauner Zeit mit menschlichen Schicksalen zu bebildern, wobei er sich eine so unglaubliche wie wahre Anekdote ausgesucht hat.

Als die Nazis die Olympiade 1936 vorbereiteten, drohten die Amerikaner mit Boykott, wenn kein jüdischer Sportler im deutschen Olympiakader sein sollte. Deshalb holte die Reichssportführung die damals beste deutsche Hochspringerin, Gretel Bergmann (Karoline Herfurth), aus dem Londoner Exil, wo die deutsche Sportlerin eben die britischen Meisterschaften gewonnen hatte. Sie erpressten die Familie und der jüdische Sportbund konnte der widerstrebenden jungen Frau als Motivation nur mit auf den Weg geben, mit einem Sieg den Rassenkult der Nazis zu blamieren. Dass es dazu nicht kommen durfte, lag einmal an der Perfidie der Sportpolitiker, die Gretel Bergmann im Trainingslager boykottierten, wo sie nur konnten, und am Ende nicht einmal nominierten, zum anderen an einem Trick.

Dora Ratjen, im Film Marie Ketteler (Sebastian Urzendowsky), war die einzige Sportlerin, die Gretel Bergmann Konkurrenz machen konnte. Dass Marie ein verkleideter Mann war, wussten die Nazis und auch Gretel Bergmann hatte es im Trainingslager herausgefunden. Sie musste schweigen und mehr noch – die beiden Außenseiterinnen freundeten sich sogar an. Marie Kettelers vierter Platz bei Olympia wird im Film am Ende als Solidaritätsaktion herausgestellt.

Die Tatsache, dass wir heute endlich davon erfahren, ist das Erfreulichste an diesem Film. Trotz guter Schauspielerleistungen, wozu auch Axel Prahl als verständiger Nicht-Nazi-Trainer gehört, ist die gelackte, naturalistische Ausmalung braunen Alltagslebens und die Simplifizierung der Charaktere eine penetrante Unterforderung des Zuschauers. Eine außergewöhnliche Geschichte – schlecht ins Bild gesetzt, aber in spekulativem Bilderrahmen verkauft – das kann man schon als Zumutung empfinden.

Filmhomepage "Berlin '36"
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