Begehren und Aufbegehren

Von Jörg Taszman · 28.03.2012
In Polen heißt der Film über zwei Studentinnen, die sich in Paris mit bezahltem Sex ihr Studium und ein Leben im Luxus verdienen, "Sponsoring" - und das ist treffender als der moralisierende deutsche Titel "Das bessere Leben".
Interviewt werden die beiden jungen Studentinnen, die ihre Kunden selber im Internet aussuchen und auch manchmal Spaß am Sex finden, von einer Journalistin Mitte 40 - gespielt von Juliette Binoche, die es wieder einmal schafft, glaubwürdig und völlig natürlich eine Frau aus bürgerlichem Hause zu spielen. Zunächst ungläubig und streng die Distanz wahrend, ist sie zunehmend von diesen beiden jungen Frauen fasziniert.

In einer wunderbaren Spaghettiszene isst und trinkt sie zusammen mit der jungen Polin, die sonst Männern auch ausgefallenere sexuelle Wünsche erfüllt. Der Wodka, die Ausgelassenheit, das Lachen verschaffen dieser Frau plötzlich eine neue Lebensfreude. Zuhause lehnt sie sich zunehmend gegen ihren verwöhnten Mann und Sohn auf, entdeckt ihre Lust neu, die ihr Mann nicht mehr befriedigen kann.
Und so ist "Das bessere Leben" kein Lehrstück über eine kapitalistische Gesellschaft, die nur die Schwächeren der Gesellschaft ausbeutet und prostituiert, sondern eine intelligente Reflexion über Käuflichkeit, Träume, Lebenslust, Luxus, Verklemmtheit, Sex und Sinnlichkeit. Dabei beschönigt der Film nichts, verklärt auch nicht die Edelprostitution. Er fällt nur nicht in die üblichen moralisierenden Klischees und wird so zu einem provokativen, äußerst sehenswerten Stück Kino.

Polen / Frankreich / Deutschland 2011 - Originaltitel: Sponsoring - Regie: Malgorzata Szumowska - Darsteller: Juliette Binoche, Anaïs Demoustier, Joanna Kulig, Louis-Do de Lencquesaing, Krystyna Janda, Andrzej Chyra - FSK: ab 16 - Länge: 96 Minuten

Filmhomepage
Mehr zum Thema