Bayer schluckt Monsanto

Schlechte Nachrichten vom Acker

Das Eingangsschild zum Firmensitz von Monsanto in St. Louis.
Das Eingangsschild zum Firmensitz von Monsanto in St. Louis. © afp/Michel
Von Tanja Busse · 17.09.2016
Bayer zahlt 66 Milliarden Dollar für den Kauf von Monsanto und wird damit weltweit zur Nummer eins im Geschäft mit Saatgut und Pflanzenschutz. Das gehe zu Lasten der Landwirte, der Verbraucher und der Umwelt, meint Tanja Busse.
Die finsteren Romane des Australiers Max Barry spielen in einer Welt, in der multinationale Konzerne die Macht übernommen haben und in der Bürger nichts als Konsumenten sind. Das klingt wie ferne Zukunft − doch seit dieser Woche ist die Max-Barry-Konzernglobalherrschaft einen großen Schritt näher gerückt. Bayer wird Monsanto kaufen, Chem China den Konkurrenten Syngenta und die Chemie- und Agrar-Giganten Dow Chemial und Dupont fusionieren.
Die ohnehin schon großen Agrarchemiekonzerne werden also noch größer und sie werden den Weltmarkt noch besser beherrschen. Vor der Fusionswelle sprach man von den Big 6, sechs großen Konzernen, die weltweit über Pestizide und Saatgut herrschen − nach den Fusionen werden es die Big 3 ein. Die großen 3.
Dabei kooperieren diese global agierenden Konzerne längst miteinander. Sie haben zum Beispiel eine Maissorte gentechnisch so manipuliert, SmartStax, dass die gleich mehrere Ackergifte produziert und resistent ist gegen die Totalherbizide verschiedener Hersteller.
Und diese Konzerne arbeiten an strategischen Allianzen mit Maschinenherstellern. Dabei geht es um weit mehr als Mähdrescher. Es geht um Big Data, um Informationen über Millionen Hektar Land: Welche Sorte wurde ausgesät? Wie ist der Boden beschaffen? Wieviel Pestizide wurden eingesetzt? Und wie oft wurde was gedüngt. Wer weiß, was die Bordcomputer der High-Tech-Agrarmaschinen auf den Feldern dieser Welt zusammentragen, kann mit diesem Wissen trefflich die Getreidepreise an den Börsen dieser Welt hoch und runter hüpfen lassen. Das ist − vorsichtig ausgedrückt − eine Katastrophe.
Es entstehen neue Machtzentren, gegen die die politische Macht einzelner Staaten mickrig sein wird. Wenn ein Konzern wie BayerMonsanto ein Viertel der weltweit eingesetzten Pestizide verkauft und knapp ein Drittel des Saatgutes, hat er dadurch größten Einfluss auf die Frage, was auf unseren Tellern landet und was nicht. Mit freier Marktwirtschaft hat das wenig zu tun.

Saatgut und Chemie im Doppelpack

Und dabei geht es nicht um die gute Sorte A oder die noch bessere Sorte B. Es geht um Paketlösungen: Denn die großen Konzerne verkaufen nicht etwa eine Vielzahl regional angepasster robuster Sorten, sondern High-Tech-Saatgut und Agrarchemie im Doppelpack. In Nord- und Südamerika fast immer gentechnisch verändert. Das erlaubt den Konzernen die größte Kontrolle über die Landwirte und ihre Äcker.
Obendrein ist das System eine ökologische Katastrophe: Die Landwirte in Amerika bringen Glyphosat-resistentes Saatgut aus und spritzen Glyphosat auf die Pflanzen, die als einzige die Giftdusche überleben, während alle anderen wilden Kräuter absterben. Das sind Monokulturen in gigantischem Ausmaß, riesige Flächen, auf denen nur eine einzige Pflanzenart wächst, gentechnisch veränderte Sojabohnen oder Maispflanzen.
Doch der jahrelange Dauereinsatz des Totalherbizids hat Wildkräuter gegen die Giftdusche resistent werden lassen. Die Landwirte nennen sie Superweeds, also Superunkräuter, die ganze Äcker überwuchern und nicht mehr zu beseitigen sind. In einem rührenden Aufklärungsfilm warnt der Bayer-Konzern Landwirte vor genau diesen Resistenzen: Die Landwirte seien von hohen finanziellen Verlusten bedroht, insbesondere, weil es in absehbarer Zeit keine neuen Wirkstoffe geben werde.

Intensivlandwirtschaft ist in der Sackgasse

Keine globalisierungs- und konzernkritische NGO hätte das klarer formulieren können: Die auf Chemie basierte Intensivlandwirtschaft ist in eine Sackgasse geraten, die Erträge sind gefährdet und keine Innovationen sind in Sicht. Das macht die Monsanto-Übernahme durch Bayer noch gefährlicher.
Wenn wir weltweit die Fruchtbarkeit unserer Äcker erhalten wollen und unsere natürlichen Lebensgrundlagen auch, brauchen wir dringend eine andere Landwirtschaft. Keine, die gefährliche Monokulturen aus dem Chemielabor kreiert, sondern eine intelligente und vielfältige Landwirtschaft, die neueste agrarökologische Kenntnisse nutzt und altes Bauernwissen, zum Beispiel darüber, dass eine vielfältige Fruchtfolge verhindert, dass Wildkräuter die Ernten gefährden. In einer Max-Barry-Welt, in der sich die Konzerne die Weltherrschaft aufgeteilt haben, ist das leider nur schwer zu realisieren.

Dr. Tanja Busse, 1970 geboren, studierte Journalistik und Philosophie und arbeitet als freie Journalistin und Autorin.

Mehr zum Thema