Barbara John

"Wir kriegen schon jetzt die Flüchtlinge nicht unter"

Barbara John (CDU), Ombudsfrau für die Opfer der Zwickauer Terrorzelle, am 25.04.2017 bei der Gedenkfeier zum 10. Todestag der ermordeten Polizistin Michele Kiesewetter.
Barbara John (CDU) vom Paritätischen Wohlfahrtsverband © dpa / picture-alliance
Barbara John im Gespräch mit Nicole Dittmer und Axel Rahmlow · 27.12.2017
Flüchtlinge sollen in Zukunft leichter Familienangehörige zu sich holen können, auch wenn diese nicht politisch verfolgt sind, das fordert Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von NRW. Barbara John vom Paritätischen Wohlfahrtsverband hält davon nicht viel.
EU-Reform, Gesundheitssystem – schon jetzt gibt es bei den Diskussionen um eine zukünftige Regierung viel, worüber Union und SPD streiten. Mit seinem Vorschlag den Familiennachzug von Flüchtlingen neu zu regeln, hat Armin Laschet jetzt ein weiteres Thema auf den Tisch gebracht. Es geht um die sogenannten subsidiären Flüchtlinge, also Menschen, die aus einem Krisengebiet geflohen sind, aber nicht persönlich verfolgt werden und denen zum Beispiel keine Folter droht.
Eigentlich hatten sich CDU und CSU schon im Oktober darauf verständigt, den Familiennachzug dauerhaft auszusetzen. Doch Armin Laschet (CDU) hat nun vorgeschlagen, den Nachzug dieser nächsten Familienangehörigen in Härtefällen vielleicht doch zuzulassen oder wenn sie eine Wohnung oder Arbeit nachweisen können.

Der Familiennachzug sei großzügig geregelt

Barbara John (CDU), die sich seit Jahrzehnten für die Belange von Flüchtlingen einsetzt, hält davon nicht viel. Schon jetzt gebe es Härtefall-Regelungen, erklärt John:
"Härtefälle sieht übrigens der einschlägige Paragraf 26 für die Familienzusammenführung von Flüchtlingen vor, das gibt es sowieso. Aber Wohnung und Arbeit ist ein weiterer Vorschlag. Das ist schwierig. Und das könnte auch nur einige Familien betreffen."
Barbara John ist der Meinung, dass es um den Familiennachzug von Flüchtling gar nicht so schlecht bestellt sei:
"Er ist ja großzügig geregelt und er ist in vollem Gange, was oft gar nicht bekannt ist. Es werden immer mehr Anträge gestellt. Und von 2015 bis 2017 sind bereits 102 Anträge beschieden worden und diese Menschen kommen. Es sind auch in diesem Jahr viele gekommen. Wir hören leider nicht viel davon. Aber die Zahl von 200.000 Flüchtlingen, wenn man die einrechnet, ist überschritten. Wir hatten 184.000 Erst-Asyl-Anträge und einige tausend Familienangehörige. Das heißt, die meisten Flüchtlinge, die hier sind, die haben das volle Asyl. Entweder GFK-Flüchtlingskonvention oder Asylparagraf 16, das sind wenige. Die dürfen ihre Familienangehörigen mit einem Privileg herholen, sie müssen nämlich nicht den Unterhalt für sie bezahlen und auch nicht eine Wohnung bereitstellen. Das kriegen sie von den Steuerzahlern. Also vom Staat."

"Wir brauchen mehr Wohnungsbau"

Das Hauptproblem sieht Barbara John weniger darin, Familienangehörige nach Deutschland zu holen, sondern darin, die Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen. Schon jetzt würden viele Flüchtlinge in Obdachlosenheimen wohnen, weil es keinen anderen Wohnraum für sie gebe:
"Wir kriegen schon jetzt die Flüchtlinge nicht unter. Und auch der paritätische Wohlfahrtsverband kann da wenig machen. Wir brauchen einfach mehr Wohnungsbau. Und zwar schnellen Wohnungsbau."
(mw)
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