Ayad Akhtars "The Who and the What" in Hamburg

Radikale Abrechnung mit dem Islam

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Fotoprobe von Ayad Akhtars "The Who and the What" am 12.01.2017 im Deutschen Schauspielhaus Hamburg © picture alliance / Christian Charisius/dpa
Von Alexander Kohlmann · 14.01.2017
Eine Religion, die die Menschen am Glücklich-Sein hindert: So präsentiert US-Dramatiker Ayad Akhtar den Islam in seinem neuen Stück. Darin will ein pakistanisch-stämmiger Taxiunternehmer seine Töchter verheiraten - unter strenger Beachtung der Lehren des Propheten Mohammed.
Als die Tochter ein Buch über den Propheten Mohammed veröffentlichen will, reicht es ihrem Vater. "Du bist nicht mehr meine Tochter", ruft er der jungen Frau hinterher. Vom Taxi-Fahrer zum Taxi-Mogul hat sich der einst aus Pakistan eingewanderte Mann in Atlanta hochgearbeitet. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Religion verträgt er trotzdem nicht. So wie auch seine islamischen Fahrer. Haufenweise kündigen sie, als das Buch der Tochter erscheint.

Nur ein Muslim kommt als Ehemann infrage

Dabei hatte der sympathische Mann mit den grauen Haaren doch immer nur das Beste für seine Familie gewollt. Als der Geliebte der Tochter einst um ihre Hand anhielt, insistierte er solange, bis sie ihn verließ - der Mann wollte nicht zum Islam konvertieren. Die jüngere Schwester muss den ersten Mann heiraten, den sie geküsst hat. Damit sie bei der Eheschließung noch Jungfrau ist, praktiziert sie seit Jahren nur Analsex mit ihm - und fragt sich jetzt, ob vielleicht auch das nach den Lehren des Propheten Mohammed verboten ist.
Der US-Autor Ayad Akhtar.
Der US-Autor Ayad Akhtar hat pakistanische Wurzeln.© Zuma Press/imago
Ayad Akhtars neues Stück ist eine radikale Abrechnung mit dem Islam, der als eine Religion gezeigt wird, die die Menschen am Glücklichsein hindert. Vor allem die Frauen werden, folgt man den Autor, drangsaliert. Und zwar auch diejenigen, die ohne Kopftuch scheinbar gut integriert in der westlichen Welt leben. Die Lehren des Propheten sind allgegenwärtig, erzählt das Stück. Sie bestimmen die Partnerwahl und das Liebesleben der Frauen seit Jahrhunderten.

Drama mit boulevardesken Elementen

In der Inszenierung von Karin Beier am deutschen Schauspielhaus hat diese Abrechnung auch komische Momente. Etwa wenn Ernst Stötzner als liebevoller und sehr sympathischer Vater im Internet nach einem Mann für seine Tochter sucht. Unter ihren Namen hat er sich bei Facebook angemeldet - und castet jetzt Männer. Regisseurin Beier spielt die boulevardesken Elemente des Dramas voll aus - und fügt dem amerikanischen Realismus des Textes wenig deutsches Regietheater hinzu. Vor einer großen Holzwand spielen die vier Schauspieler ungebrochen ihre Rollen. Dass alle vier keinen Migrationshintergrund haben, sondern hellhäutige Europäer sind, wird dabei nicht verborgen: Es genügt zu Beginn kurz die Rollen-Beschreibungen aus dem Textbuch vorzulesen, das war es dann aber auch schon mit der Dekonstruktion. Den Rest des Abends packt die Geschichte das Publikum, das erst viel lachen will und dann immer mehr erstarrt angesichts einer Geschichte, die alles in Frage stellt, was gläubigen Muslimen heilig ist.

"Gott hat keine Brüste"

Im Buch, das die Tochter über den Propheten schreibt, fragt sie, ob Mohammed wirklich die Stimme Gottes gehört habe - oder einfach nur auf sich selbst lauschte. Oder ob die Stimme des Propheten eventuelle auch weiblich gewesen sein könnte - die Stimme der Mutter etwa. An dieser Stelle ist es für den Vater vorbei mit der Gelassenheit: "Gott hat keine Brüste!".
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