Autonomer E-Bus in Bad Birnbach

"Der fährt hoch wie ein normaler PC"

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Der autonom-fahrende Mini-Bus - eine Chance für den ländlichen Raum? © picture alliance / dpa / Tobias Hase
Von Elisabeth Kagermeier  · 12.02.2018
Seit über 100 Tagen rollt ein autonom-fahrender Bus im niederbayerischen Bad Birnbach - ein bundesweiter Pilotversuch der Bahn. Eine erste Bilanz fällt positiv aus: Viele Fahrgäste, bislang kein Unfall..
"Hallo, Sie dürfen gerne mitfahren, wenn Sie möchten!"
"Wo fährt jetzt der hin?"
"Zum Neuen Markt und wieder zurück!"
"Ich fahr' mit!"
"Eine Dame ist tapfer! Ich bring Sie auch heile wieder zurück."
"Günther komm steig ein!" "Jetzt schau mer amoi!"
"Wir sagen gerne Bimmelbahn zu unserem Bus, weil er die Geräusche von einer alten deutschen Bahn macht."

Viele kommen extra für den Bus

Der erste autonome Bus Deutschlands ist ein kleiner, weißer Würfel auf Rädern. Sechs Sitzplätze hat er, keinen Fahrersitz und kein Lenkrad. Er fährt in Bad Birnbach in Niederbayern: 6.000 Einwohner, viele Kurgäste. Manche kommen extra für den Bus hier her:
"Ums auszuprobieren, um zu sehen, was da los ist."
"Drum sind wir hergefahren. Zum Kuren und mit dem Ding mal fahren. Sowas gibt's bei uns ned."
"Ich bin selber Busfahrer und drum will ich das mal sehen."
"Wir sind extra wegen diesem Bus nach Bad Birnbach gekommen."
"Und wenn das in 20 Jahren üblich ist, dann waren wir die ersten dabei!"
"Wir werden im Hotel richtig angeben, die werden uns alle beneiden. Die glauben uns das gar nicht, Günther!"

Mitfahren kostet nichts

Mitfahren ist kostenlos. Bevor der Bus losfährt, muss Fahrtbegleiterin Tina Sommer ihn starten wie einen Computer.
"Das sind zwei Batterien zum Starten und dann fährt er hoch wie ein ganz normaler PC. Dann hab ich hier einen Bildschirm in Tabletform. Und dann versuch ich ihn erstmal zu lokalisieren über seine Dachsensoren, dass er seine Route findet. Dann drückt man auf Start. Ich bin jetzt nicht mehr im manuellen Modus, ich halt mich jetzt hier nur fest und los geht's."
Die Busstrecke ist sehr kurz, nur 750 Meter. Hier muss keiner fahren. Wer mitkommt, macht's aus Spaß oder Neugier. Oder weil er der Projektleiter von der Deutschen Bahn ist und Sebastian Krieg heißt.
"Das Besondere an dem Projekt ist, dass wir ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt kombinieren, was ich als Piloten bezeichnen würde, mit einem auf mehrere Jahre angelegten ganz normalen Buslinienbetrieb. Das ist durchaus was Besonderes. Da wird die Deutsche Bahn im Laufe der Zeit mehrere Millionen investieren."

Etwas langsam ist er schon

In TechBlogs wird der Bus gefeiert – in Bad Birnbach sind viele Fahrgäste schnell ernüchtert. Sie hatten sich mehr erwartet, vor allem: ein bisschen mehr Tempo.
"Die durchschnittliche [Geschwindigkeit] ist so drei, vier Stundenkilometer. Aber er kann schon auf acht, neun beschleunigen."
"Ist schon noch probebedürftig der Omnibus. Er fährt halt sehr langsam."
Und manchmal fährt er auch gar nicht. Schon ein paar Meter nach dem Start: Der erste Stopp, das System stürzt ab.
"Da steht ein Lkw auf unserer Strecke, was öfter vorkommt. Der sollte hier eigentlich nicht stehen, aber der entlädt wohl irgendwas. Da hält der Bus natürlich an."

"Wenn's so eng ist, des mag er ned!"

"Also an den vier Ecken vom Bus sind die empfindlichen Sensoren, die im 360-Grad-Winkel alles abscannen, was hier steht oder geht. Das heißt, wenn sich hier jemand auf 50 cm nähert, dann bremst er ab. Bei 30 Centimeter bleibt er abrupt stehen. Ob das jetzt ein Mensch ist oder ein Hund, er bleibt sofort stehen."

Hilflos wie ein verunsicherter Hundewelpe

Ohne fremdes Eingreifen ist der Bus so hilflos wie ein verunsicherter Hundewelpe.
"Der ist geduldig. Er würde so lange stehen bleiben, bis das Hindernis weg ist oder die Fahrgäste verdurstet sind. Und dann muss der Fahrtbegleiter eingreifen, der fährt dann manuell drumrum und gibt dann wieder die Verantwortung an den Bus."
Neustart, Rangieren am Hindernis vorbei.
Ein autonom-fahrender Mini-Bus fährt am 25.10.2017 in Bad Birnbach (Bayern) auf einer Straße und wird von Passanten betrachtet
In Bad Birnbach wird erstmals in Deutschland ein autonom-fahrender Bus im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt.© dpa / Tobias Hase
"Die jüngere Generation könnte das sicher besser als ich, weil es ein ganz normaler Joystick ist. Lenkrad ist mit Sicherheit einfacher",
sagt Krieg über den Bus, den ein französisches Startup entwickelt hat. Die Deutsche Bahn trägt die Kosten für den Testbetrieb, die Infrastruktur hat Bad Birnbach finanziert. Viktor Gröll, Leiter der Kurverwaltung, erwartet in Zukunft einiges vom autonomen Bus:
"Um ein Gefühl zu kriegen, wie wichtig das für uns ist: Bad Birnbach hat 5.700 Einwohner auf eine riesige Fläche von 70 Quadratmeter verteilt. Und diese Einwohner leben in 85 verschiedenen Ortsteilen. Man stelle sich vor, dieser Bus würde irgendwann nicht nur diese eine Strecke kennen, sondern 85."
Das wird aber noch Jahre dauern. Sehen die Fahrgäste auch so.
"So richtig im Straßenverkehr kann ich's mir nicht vorstellen."
"Dafür ist das eher ein Hindernis."
"Ich kann mir vorstellen, wenn die Leute älter sind, vielleicht genügt ihnen das. Aber andere Leute sagen sich: Da gehen wir ja schneller als der Bus fährt. Aber lustig ist's."
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