Ausstellung "Muse Macht Moneten"

Der schöne Schein von Kunst und Geld

Das Bodemuseum in Berlin. Es gehört um Ensemble der Museumsinsel und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Das Bodemuseum in Berlin. Es gehört um Ensemble der Museumsinsel und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO. © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Stefan Haupt im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 23.11.2016
Wissen Sie, was "Geldkunst" ist? In der Ausstellung "Muse Macht Moneten" im Berliner Bode-Museum geht es um Kunstwerke, die sich mit dem Thema Geld beschäftigen. Die Besucher werden dort Teil eines ungewöhnlichen Experiments, berichtet der Sammler Stefan Haupt.
Kunst prägt Geld - oder doch umgekehrt? Das Verhältnis von Geld und Kunst ist Gegenstand der Ausstellung "Muse Macht Moneten", die ab Donnerstag im Berliner Bode-Museum zu sehen ist. Darunter sind auch Stücke aus der Sammlung des Rechtsanwalts Stefan Haupt, der sich seit vielen Jahren mit "Geldkunst" beschäftigt.
"Geldkunst ist Kunst, die sich mit den wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen Fragen des Themas Geld beschäftigt", sagte Haupt im Deutschlandradio Kultur. Und natürlich geht es auch immer um die Frage nach der Bedeutung und dem Wert, den Geld für unser Leben hat.
Besonders gut illustriert wird das Verhältnis von Kunst und Geld durch die Arbeit "Der Wert des Schafskopfes" von Christa Sommerer und Laurent Mignonneau, die auch im Rahmen der Ausstellung gezeigt wird, sagt Haupt:
"Da sehen Sie ein Gemälde, ein Schafskopf in der Größe von 20 mal 20 Zentimetern. Davor befindet sich ein Bewegungsmelder und eine Kassenrolle. Und immer, wenn jemand vor dem Schafskopf steht, dann steigt der Wert des Kunstwerks um 50 Cent. Und da ist es völlig egal, ob man das Kunstwerk gut findet oder schlecht findet, ob man mit geschlossenen Augen oder mit dem Rücken vor dem Kunstwerk steht. Die Kassenrolle läuft immer weiter, und der Wert steigt und steigt und steigt."

Das Interview im Wortlaut:
Korbinian Frenzel: "Muse, Macht, Moneten", das ist nicht nur eine schöne Alliteration. Das ist der Titel einer Ausstellung in Berlin im Bode-Museum, die morgen eröffnet wird, und die erst mal mit einer nicht ganz so überraschenden Erkenntnis arbeitet: dass Kunst mit Geld zu tun hat. Wie gehen Künstler mit dem Sog, mit der vielleicht auch korrumpierenden Kraft der Kohle um? Das ist ein Aspekt, zu dem sich verschiedene Künstler selbst äußern durch Arbeiten in dieser Ausstellung. Ein weiterer Teil der Ausstellung liefert aber noch etwas anderes: die unmittelbare Verbindung, Geldkunst. Und das geschieht durch Exponate aus der Sammlung eines Mannes, der jetzt bei uns zu Gast ist im Studio, der Sammler und Rechtsanwalt Stefan Haupt. Herzlich willkommen!
Stefan Haupt: Guten Morgen!
Frenzel: 30 Silberlinge – Kunst und Geld, das ist Ihre Sammlung, der Titel Ihrer Sammlung, Teil der Ausstellung mit Ihren Exponaten bestückt. Ausgestellt ist Geldkunst. Was ist das, Geldkunst? Was muss man sich da vorstellen?
Haupt: Geldkunst ist Kunst, die sich mit den wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen Fragen des Themas Geld beschäftigt. Und um die Rolle der Frau, welchen Wert Geld für uns persönlich hat, ob Geld überhaupt Wert hat, weil seit der Aufhebung der Goldbindung des Dollars durch Richard Nixon das Geld nur noch buntes bedrucktes Papier geworden ist, was selbst überhaupt gar keinen Wert mehr hat. Und die Frage, die sich immer stellt, ist, welchen Wert wir dem Geld selbst geben und welche Bedeutung das in unserem Leben hat.

Wie es sich anfühlt, Kunst zu kaufen

Frenzel: Wie sind Sie darauf gekommen, gerade diese Kunst zu sammeln, Geldkunst?
Haupt: Ich arbeite als Anwalt auf dem Gebiet des Urheber- und Medienrechts und war dann auch tätig für bildende Künstler, für Galeristen und wollte einfach mal wissen, wie es ist, Kunst zu kaufen. Und ich bin ins Konzert gegangen, ins Kino gegangen, habe Bücher gekauft, und wollte dann auch wissen, wie es ist, wenn man bildende Kunst kauft, und habe dann damit angefangen.
Frenzel: Und wie ist das?
Haupt: Das ist sozusagen ein ganz aufregendes Gefühl, weil am Anfang überlegt man immer, ist es das wirklich wert, brauche ich das, oder ist das tatsächlich eine Sache, die einfach das Leben bereichert, zum Nachdenken anregt? Und da habe ich Dinge gekauft, die mir gut gefallen haben, die in die Wohnung gepasst haben, und habe dann mich mit der Fotografie beschäftigt Mitte der 90er-Jahre – da ist ja deklariert worden "Die Malerei ist tot, es lebe die Fotografie" – und habe mich dann damit beschäftigt und habe dann aber festgestellt, dass das eine Modeerscheinung geworden ist, und habe dann nach anderen Themen gesucht, und habe dann die drei Tabuthemen entdeckt, nämlich Geld, Sex und Tod.

Öffentliche Aufmerksamkeit bestimmt den Wert

Frenzel: Bleiben wir mal beim Geld. Haben Sie liebste Stücke, Stücke in dieser Sammlung, die mit diesem Zusammenhang Geld und Kunst besonders gut spielen?
Haupt: Ja, eine Arbeit, die auch im Bode-Museum gezeigt wird von dem Duo Sommerer - Mignonneau, "Der Wert des Schafkopfes". Da sehen Sie ein Gemälde, ein Schafskopf in der Größe von 20 mal 20 Zentimetern. Davor befindet sich ein Bewegungsmelder und eine Kassenrolle. Und immer, wenn jemand vor dem Schafskopf steht, dann steigt der Wert des Kunstwerks um 50 Cent. Und da ist es völlig egal, ob man das Kunstwerk gut findet oder schlecht findet, ob man mit geschlossenen Augen oder mit dem Rücken vor dem Kunstwerk steht. Die Kassenrolle läuft immer weiter, und der Wert steigt und steigt und steigt.
Frenzel: Was ist das Ziel dieser Ausstellung im Bode-Museum, "Muse, Macht, Moneten"? Geht es darum, die Abhängigkeiten deutlich rauszustellen, die Kunst seit je hatte, von denen, die sie finanzieren? Geht es auch darum, womit diese Arbeit, die Sie gerade zitiert haben, möglicherweise spielt, auch mit vielleicht manchen Übertreibungen, die wir im Kunstbetrieb erleben?
Haupt: Ja, die Übertreibungen, die spielen ja immer eine Rolle. Die Ausstellung selbst beschäftigt sich mit Medaillen, die Anfang der 90er-Jahre geschaffen wurden. Die Herstellung der Einheit Deutschlands erfolgte ja 1990, und danach haben sich viele Künstler aus Ostdeutschland mit der Frage beschäftigt, was bedeutet die deutsche Einheit für sie, was bedeutet Geld für sie, und haben sich dann mit den Fragen des Lebens beschäftigt – wie kann ich meine Arbeit bezahlen, also meinen Lebensunterhalt bestreiten, und wie finde ich mich in der neuen Gesellschaft zurecht.
Und diese Medaillen sind im Bode-Museum, also haben nicht die Würdigung erhalten, die man ihnen hätte zukommen lassen können, sodass man gesagt hat, man macht eine Ausstellung, und hat das verknüpft mit einem aktuellen Wettbewerb zu dem Thema "Muse, Macht, Moneten", wo 30 Künstler im Jahr 2016 ganz aktuelle Arbeiten gestaltet haben, die dann auch im Bode-Museum zu sehen sind.

Der Kunstmarkt ist wie der Aktienmarkt

Frenzel: Ihre Sammlung trägt einen Namen, "30 Silberlinge – Kunst und Geld". Ich bin darüber erst mal gestolpert. Bei den 30 Silberlingen musste ich an den Verrat Judas' an Jesus denken, das war der Sold, den er dafür erhalten hat. War das bei Ihnen der Hintergrund?
Haupt: Es war ein Aspekt. Weil die Frage ist ja die, für wie viel Geld würden wir was, welchen Wert unseres Lebens verraten? Sind das 30 Silberlinge oder 100 Silberlinge oder 1.000 Silberlinge? Der Hintergrund selbst ist noch ein anderer: Am Anfang in den 90er-Jahren war es schwierig, Kunst zum Thema Geld zu finden, und da war ich dann ziemlich verzweifelt. Und dann kam mein Vater auf die Idee, der Sammlung den Titel "30 Silberlinge" zu geben, um damit ein Sammlungsziel zu haben, nämlich 30 Exponate.
Und als ich die 30 Exponate zusammen hatte – das war größtenteils, wie man so schön sagt, Flachware –, habe ich eben festgestellt, dass ich keine Münzen hatte, keine Künstlerbücher, keine Audioarbeiten, keine Videoarbeiten, keine Ready-Mades, keine Digital Art, und habe dann angefangen, alle Materialien und Techniken zu suchen, um damit die Breite des künstlerischen Schaffens in der Sammlung abzubilden.

"Es geht nur noch um die Wertsteigerung", kritisiert Haupt

Frenzel: Wie wichtig ist es für Sie, dass Kunst auch Wert hat, materiellen Wert, dass das, was Sie besitzen in Ihrer Sammlung, mit auch teils hohen Summen gehandelt wird? Erhöht das für Sie das, was Sie in der Kunst sehen?
Haupt: Nein, das, finde ich, ist also eine Entwicklung, die für mich bis zum heutigen Tag nicht nachvollziehbar ist, und der Kunstmarkt ist irgendwie vergleichbar mit dem Aktienmarkt. Und die Bedeutung, die ihm eigentlich innewohnen sollte, dass man durch das künstlerische Schaffen angeregt wird, sich mit kulturellen, sozialen, politischen Fragen auseinanderzusetzen und zu überlegen, was will der Künstler mir sagen, finde ich das richtig, überzeugt mich das, habe ich eine andere Position darüber, das ist eben ganz stark verloren gegangen, und es geht nur noch um die Wertsteigerung und nicht darum, wie Künstler das gesellschaftliche Leben durch Ideen beeinflussen und verändern können.
Frenzel: Ist das eine Entwicklung, die man noch irgendwie umdrehen kann oder wo Sie sagen, das muss man so anerkennen in einer Welt – Sie haben es angesprochen –, in der ja Geld selbst als Wert im Prinzip eine Illusion ist oder zumindest sehr volatil, dass die Kunst einfach ein Spekulationsobjekt ist?
Haupt: Das ist sicher so, aber das kann ja jeder letztendlich für sich selbst entscheiden, was ihn in seinem Alltag anregt und begeistert und was er in seiner Wohnung haben möchte. Es geht ja nicht darum, irgendwelche steigende Werte über der Couch oder dem Bett zu haben, sondern letztendlich Sachen, die einem Freude bereiten, wo man Spaß hat jeden Tag, wenn man die Sachen sieht und einfach dann glücklicher oder wacher oder freundlicher ist zu den Menschen.
Frenzel: Herr Haupt, vielen Dank für Ihren Besuch bei uns im Studio!
Haupt: Danke Ihnen!
Frenzel: Die Ausstellung im Bode-Museum ist ab morgen zu sehen und, jetzt muss ich Sie fragen, wissen Sie, bis wann?
Haupt: Bis zum 27. Mai 2017.
Frenzel: Also noch eine ganze Zeit. Für alle Berliner und die, die nach Berlin kommen, ein guter Tipp. Herr Haupt, vielen Dank!
Haupt: Danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.