Ausstellung feiert den Maler Arnold Schönberg

Mehr als nur Zwölftonmusik

Der Komponist Arnold Schönberg (1874-1951) beim Dirigieren des Rundfunk Sinfonie Orchesters Berlin. Undatierte Aufnahme.
Arnold Schönberg - Musiker und Maler © picture-alliance / dpa / APA Publications Arnold Schönberg Center
Von Barbara Kostolnik · 11.10.2016
Auch wenn das Wesen der Zwölftonmusik sich vermutlich nicht allzu vielen Menschen erschließt: der Erfinder, Arnold Schönberg, ist weltweit bekannt. Weit weniger bekannt ist der Maler Arnold Schönberg – und dennoch hat der Autodidakt auch auf diesem Gebiet Herausragendes geleistet. Das jetzt in einer einzigartigen Ausstellung im Pariser Museum für jüdische Geschichte und Kunst gezeigt wird.
"Ich bewahre Deine Gedanken, durch Bilder."
Natürlich darf die Musik in einer Schönberg-Ausstellung nicht fehlen – und dieser Ausschnitt aus der Oper "Moses und Aron" ist bewusst gewählt: "Gedanken durch Bilder bewahren" kann man getrost als Motto der Schönbergschen Malerei hernehmen. Diese Ausstellung "peindre l’âme", die Seele malen, widmet sich jedoch hauptsächlich den Bildern des Komponisten:
"Tatsächlich habe ich es mit der Malerei genauso gehalten wie mit der Musik, vertraute Schönberg 1949, zwei Jahre vor seinem Tod, seinem amerikanischen Komponisten-Kollegen Halsey Stevens an, Malen war ein Weg, mich auszudrücken, meine Gefühle zu zeigen, so kann man vielleicht am besten diese Gemälde verstehen."

Porträts, Selbstbildnisse, Landschaften

Schönberg hat vor allem in den Jahren zwischen 1908 und 1912 zum Pinsel gegriffen, er malte Porträts, Selbstbildnisse und er malte Landschaften: in einem ganz eigenen Stil oder besser in vielen Stilen angesiedelt zwischen Kokoschka und Kandinsky. Mit letzterem verband Schönberg eine lange Freundschaft. Für die Kuratorin der Ausstellung, Fanny Schulmann, sind die Gemälde Schönbergs einzigartig:
"Für mich ist das eine Malerei, die ihresgleichen sucht. Schönbergs Gemälde wurden zu seiner Zeit kaum ausgestellt, sie haben seine malenden Zeitgenossen also nicht beeinflusst, für mich hat seine Malerei etwas Rätselhaftes."
Tatsächlich ist Schönbergs Malerei schwer zu fassen, das macht sie aber auch faszinierend und reich. Peindre l’âme, die Seele malen haben die Kuratoren die Ausstellung genannt – der Maler Schönberg wollte tatsächlich in die Seelen derer vordringen, die er porträtierte:
"Er hat sehr spontan gemalt, er war ja auch in der Malerei Autodidakt, und seine Malerei ist durch keinen Filter einer bestimmten Schule gegangen, sie ist reines Gefühl."
Reines Gefühl, das der Theoretiker Schönberg in Bilder fasste. In der Ausstellung finden sich jedoch nicht nur Gemälde Schönbergs, sondern es findet sich auch ein Schachspiel für vier Personen – das Schönberg entworfen hat:
"Man sieht hier sehr schön, wie seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg Schönberg inspiriert haben: Die Figuren sind Flugzeuge oder U-Boote; und es ist eben für vier Personen: das heißt, es müssen Koalitionen gebildet werden, zwei gegen zwei, dazu bedarf es dann auch der Diplomatie."

Gedanken durch Bilder bewahren

Die Ausstellung im Pariser Museum für Kunst und Geschichte des Judentums wirft auch einen Blick auf die jüdische Seite Schönbergs, der 1898 in Berlin zum Protestantismus konvertierte, allerdings nicht aus Überzeugung.
"Er hatte das Gefühl, dass er besser in der Wiener Gesellschaft angesehen ist, wenn er konvertiert, er ist dann später, 1933 wieder zum Judentum zurückgekehrt, aber auch das war ein politischer Prozess: Schönberg ahnte, was auf die Juden zukommen würde, und er hat sich aus Solidarität zu seinem Judentum bekannt."
Im gleichen Jahr wanderte Schönberg in die USA aus. Schon lange vorher ist er – obschon hoch geachtet ob seiner Kunst – antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Was zum zwischenzeitlichen Bruch mit Kandinsky führte:
"Schönberg hatte als Jude in Deutschland zunehmend Schwierigkeiten, und zu dem Zeitpunkt, als er ein Angebot von Kandinsky bekam, in Weimar am Bauhaus zu unterrichten, hörte er, dass Kandinsky und andere Bauhaus-Professoren sich antisemitisch geäußert hätten."
Schönberg schlug das Angebot aus, obwohl Kandinsky die Äußerungen vehement bestritt. Später fanden er und Schönberg einen Weg, miteinander umzugehen. Die Malerei hatte der Komponist da wieder aufgegeben. Aber er zeichnete bis 1944 weiter Selbstbildnisse. Als eine Art Tagebuch: Gedanken durch Bilder bewahren.