Ausstellung "Fashion Drive"

Die Geschichte der Mode im Spiegel der Kunst

Édouard Manet: Jeanne Duval, la Maîtresse de Baudelaire (La Dame à l’éventail), 1862; Öl auf Leinwand, 89,5 x 113 cm
Édouard Manet: Jeanne Duval, la Maîtresse de Baudelaire (La Dame à l’éventail), 1862; Öl auf Leinwand, 89,5 x 113 cm © Museum of Fine Arts, Budapest
Cathérine Hug im Gespräch mit Moderatorin Britta Bürger · 21.04.2018
Zerrissene Jeans gehören heute ganz alltäglich zum Straßenbild, aber zerrissene Mode gab es auch schon in der Renaissance. Wie sie damals aussah zeigen prächtige Gemälde aus dem 16. Jahrhundert, die jetzt im Kunsthaus Zürich zu sehen sind – in der neuen Sonderausstellung "Fashion Drive – Extreme Mode in der Kunst".
Interessant sei, so die Mitkuratorin Cathérine Hug der Ausstellung "Fashion Drive - Extreme Mode in der Kunst" im Kunsthaus Zürich, dass eine "Schlitzmode", die an die heutigen zerrissenen Jeans erinnere, parallel in verschiedenen Ländern Europas aufgetaucht sei. Zuerst sei dies bei Landknechten und Kriegsversehrten aufgetaucht, aus der puren Not heraus, Löcher in der Kleidung stopfen zu müssen. Dann sei dies vom Adel aufgenommen worden. Besonders in England, Frankreich und in der Schweiz ließen sich dafür schöne Beispiele finden.

Die Königin zeigt ihre Schultern

Die Definition von Mode sei heutzutage relativ eingeschränkt, sagt Hug. Denn wenn man in der Kunstgeschichte zurückblicke, stelle man fest, dass Mode ja viel früher als im 20. Jahrhundert erscheine. Von Mode habe man bereits im 14. Jahrhundert gesprochen. Deswegen habe man beschlossen "auf eine Entdeckungsreise zu gehen, einen Streifzug durch die Geschichte der Mode im Spiegel der Kunst."
Bei der Ausstellung sei es ihnen auch darum gegangen Brüche aufzuzeigen, sagt Hug. Ein gutes Beispiel dafür sei die französische Königin Marie-Antoinette. Sie habe gegen Etikette des Hofes verstoßen, indem sie Baumwolle getragen habe statt Seide, sie habe ihre Schultern gezeigt und damit provoziert.

Kleiderexperimente während der französischen Revolution

Die damaligen Künstler haben die jeweilige Kleidung mitunter auch kritisch beäugt. Das werde besonders deutlich mit dem Aufkommen der Druckgrafik im ausgehenden 18. Jahrhundert, so Hug. Als besonders kritische Äußerungen müsse man aber die Karikaturen sehen, die während und nach der französischen Revolution die "Incroyables et Merveilleuses" darstellten, also die Bürger, die mit besonders auffälliger und extravaganter Kleidung in Erscheinung traten.
Unbekannter Künstler: Départ des Amateurs de L'île St. Ouen, um 1805; Radierung, mit Wasserfarbe handkoloriert, 21,2 x 26,2 cm (Platte); 24,3 x 30,5 cm (Blatt)
Unbekannter Künstler: Départ des Amateurs de L'île St. Ouen, um 1805; Radierung, mit Wasserfarbe handkoloriert, 21,2 x 26,2 cm (Platte); 24,3 x 30,5 cm (Blatt)© Staatliche Museen zu Berlin - Kunstbibliothek
Da habe es dann Kleiderexperimente mit extrem hohem Kragen gegeben, so hoch, dass man das Gesicht kaum noch hätte sehen können, erzählt Hug. Ebenso habe es, selbst für heutige Verhältnisse sehr gewagte Ausschnitte oder sogar durchsichtige Oberteile bei den Frauen gegeben.

Fragwürdigkeit der "Fast Fashion"-Kultur

Was sie am meisten bei der Ausstellung interessiert habe, sei ja der Kommentar von Künstlern, so Hug. Da sei für sie besonders Michelangelo Pistoletto faszinierend, der mit seinem Werk "Metamorfosi" bereits in den siebziger Jahren eine kritische Vorwegnahme der heutigen "Fast Fashion"-Kultur präsentiert habe.
Er habe nicht nur den schnellen Wechsel von Moden sondern auch die fragwürdigen Produktionsbedingungen von Mode in Augenschein genommen. Das sei ja heute das größte Thema in der Modewelt, die neue Konzepte dafür entwickeln müsse, "denn so wie es jetzt ist, kann es nicht mehr weitergehen", urteilt Cathérine Hug.
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