Ausstellung "Abfallprodukte der Liebe" in Berlin

Mikesch, Praunheim, Schroeter - die Freundschaft dreier Grenzgänger

Der Künstler Rosa von Praunheim und die Fotografin und Kamerafrau Elfi Mikesch
Rosa von Praunheim und Elfi Mikesch © picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa
Von Christiane Habermalz · 16.05.2018
Intensiv, schräg, kreativ: Mit Fotos, Filmen und Klanginstallationen zeigt die Ausstellung "Abfallprodukte der Liebe" die besondere Beziehung zwischen Elfi Mikesch, Rosa von Praunheim und Werner Schroeter und die Werke dreier künstlerischer Grenzgänger.
Eine Ausstellung in der Akademie der Künste in Berlin über drei außergewöhnliche Lebenswerke, die von den Künstlern selbst kuratiert wird und die in erster Linie ihrer intensiven Freundschaft untereinander gewidmet ist – das alles unter dem Titel "Abfallprodukte der Liebe" – wer hatte eigentlich die Idee für dieses kuriose Projekt? Eine Frage, die zumindest von zweien der Protagonisten sehr unterschiedlich beantwortet wird.
Rosa von Praunheim: "Eigentlich ist die Ausstellung gewidmet meiner Freundin Elfi Mikesch, die ich sehr bewundere. Wir kennen uns seit Anfang, Mitte der 60er-Jahre, und sie ist immer so bescheiden und ich dachte da muss man einfach an die Akademie der Künste und ihr Werk vorstellen. Und ich hoffe, dass du jetzt weltberühmt wirst, deine Fotos sich mit hunderttausenden von Dollar verkaufen lassen."
Elfi Mikesch, Fotografin, Kamerafrau, Regisseurin widerspricht, der Titel der Ausstellung, der einem Film von Werner Schroeter entspringt, sollte ursprünglich ganz anders lauten.
Elfi Mikesch: "Du hattest am Anfang die Idee, die hieß da: Geboren, um berühmt zu werden. Und da hattest du dich im Auge. Und das ist jetzt die Fortsetzung."
Am Ende ist es vielleicht Werner Schroeter, der 2010 verstorben ist, der am präsentesten ist in der Ausstellung. Sein Konterfei als junger, aufmüpfiger, gleichzeitig ein wenig schüchterner und sensibler Mann hängt überlebensgroß mitten im ersten Raum von der Decke. Geht man um das Foto herum, stößt man auf ein Bild des alten Schroeter, schon vom Krebs gezeichnet – da hatte er über 30 Filme gedreht, zahllose Theater- und Operninszenierung auf deutsche und internationale Bühnen gebracht. Eine riesige Wanne mit Blütenblättern von roten Rosen füllt den Raum fast aus. An Pathos, das Schroeter zeitlebens geliebt hat, fehlt es jedenfalls nicht. Praunheim, Schroeter und Mikesch verband seit den späten 60er-Jahren eine intensive, schräge, und sehr kreative Freundschaft. Mikesch führte Kamera und fotografierte in Praunheims und Schroeters Filmen – und schaffte es, ihre sehr eigene Bildsprache auf die höchst gegensätzlichen, exzentrischen Künstlerpersönlichkeiten einzustellen.

Weggefährten seit den 60er-Jahren

Elfi Mikesch: "Es ist dieser ganz spezielle Praunheimsche Humor, der mich immer fasziniert hat. Und ich hab gewusst, wenn ich Kamera mache, dann bin ich auf der Spur dieses Humors. Und das war so interessant und witzig. Und hat mich selbst verblüfft, also wenn ich dann in die Mitte des Bildes einen Kaktus stelle, um mich deine Sprache anzunähern, das hat doch Spaß gemacht, das war unglaublich amüsant!"
Die beiden Männer waren erst Liebhaber, dann Freunde, die gemeinsam Filme drehten, sich gegenseitig assistierten und kreativ befruchteten, aber auch eifersüchtige Konkurrenten. Von Praunheim und Schroeter lernten sich Sylvester 1967 beim Filmfest in Knoke kennen – und begannen eine heiße Affäre miteinander.
Rosa von Praunheim: "Ich kam in Begleitung von Carla Alaulu, mit der ich drei Kurzfilme gemacht hab, und die ich geheiratet hab, weil es hier ein Ehestandsdarlehen von 30.000 Mark gab, und das haben wir in Filme gesteckt. … Und in Knoke haben wir uns verliebt, und als wir grade im Bett lagen, kam Carla rein und war entsetzt und eifersüchtig und stieß uns mit der Matratze um, hüpfte auf uns rum und sang den Jäger aus Kurpfalz. Das war der Beginn unserer Liebe."

"Warnung Penisse!"

Die Ausstellung widmet jedem der drei Künstler eigene Räume – Schroeter, der Opern und große Gesten liebte, hat der Komponist und langjährige Weggefährte Eberhard Kloke eine eigene Klangcollage gewidmet. Der erste Raum, kuratiert von Elfie Mikesch, ist vor allem eine Hommage an Schroeters Muse Magdalena Moctezuma, die, exzentrisch und ausdrucksstark, in fast allen seiner Filme mitspielte und früh im Alter von 41 Jahren an Krebs starb. Im nächsten Raum zeigt Elfi Mikesch ein Panorama ihrer eigenen Bildwelten, poetisch und provozierend zugleich. Ihre Fotoreihe "Under the Skin" etwa zeigt riesige Nahaufnahmen aus einer Fleischerei – Momentaufnahmen und Zeugen der Vergänglichkeit und des Schmerzes, Mahnmal für das Tier, das für uns starb.
Ausstellung "Abfallprodukte der Liebe" in der Akademie der Künste
"Warnung Penisse!" steht vor dem Raum, den Rosa von Praunheim kreiert hat.© picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa
Der letzte Raum schließlich öffnet sich für die schrille und bunte Plüschwelt des Rosa von Praunheim. Warnung Penisse! Steht groß über dem Eingang, die Warnung ist nicht untertrieben. In einer Endlosschlaufe laufen Ausschnitte aus seinen Filmen, politischen Schwulen-Happenings und Talkshows. Warum wir uns lieben – lautet der Untertitel der Ausstellung. Bei Praunheim ist selbst dieser Satz noch politisch. Am Donnerstag, kurz vor der Eröffnung, lädt er noch zur Aktivisten-Demo ans Brandenburger Tor – im Gedenken an den Paragrafen 175, der noch bis 1969 Homosexualität unter Strafe stellte. Es wird sicher laut, poetisch und bunt werden.

Abfallprodukte der Liebe
Eine Ausstellung mit Werken von Elfi Mikesch, Rosa von Praunheim und Werner Schroeter
Akademie der Künste
18. Mai – 12. August 2018

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