Außergewöhnlicher Leinwandheld

Von Bernd Sobolla · 05.12.2010
Auf der Berlinale 2010 erhielten Regisseur Peter Loland und Hauptdarsteller Stellen Skarsgard viel Beifall - hatten sie doch einen außergewöhnlichen Leinwandhelden kreiert: Einen Mörder und Ex-Knacki, den das Publikum liebt. Einer, der fast nichts sagt, aber dessen Mimik doch Bände spricht.
"Ich dachte, du kommst nicht vor morgen raus. Alle haben mir gesagt, es wäre morgen. / Nein, es war heute. / Und warum sagt man mir dann, es wäre morgen? / Es war heute. / Und du bist dir sicher?"

Immerhin, Ulrik wird von seinen alten Gangsterfreunden zwar nicht abgeholt, aber doch erwartet. Und sein Ex-Boss Jensen hat nicht nur einen Job für ihn in einer Werkstatt, er hat auch einen neuen Auftrag: Ulrik soll den Typen unschädlich machen, der ihn einst wegen Mordes am Liebhaber seiner Frau verpfiffen hat.

"Der Mann ist gerade eben erst aus dem Gefängnis rausgekommen. Du beschattest den verdammten Wichser. Findest raus, wo er wohnt. Checkst ab, wo es passieren soll."

Doch Ulrik hat eigentlich keine rechte Lust mehr, ins alte Milieu einzusteigen. Und die Sache mit der Vergeltung ist auch irgendwie langweilig. Nur – er kann einfach nicht nein sagen. Zumal er ja auch keinen neuen Lebensplan hat: Ja, mit der Familie will er sich versöhnen, mit seiner Exfrau und dem inzwischen erwachsenen Sohn. Das gelingt auch – ein bisschen. Ansonsten sitzt er lethargisch vor seinem Fernseher mit dem polnischen Programm und lässt sich von seiner Hausherrin bekochen – allerdings nicht ganz ohne Gegenleistung.

"Komm schon! Wenn du so scharf bist. … Brauchst du eine schriftliche Einladung? / Das Essen wird kalt. / Ach, quatsch nicht!"

Nur seine Arbeitskollegin hat es ihm angetan. Aber die will nichts von ihm – jedenfalls nichts bis zu dem Moment, da er ihr das Leben rettet.

"Du kannst mich mal einladen. Ich zwinge dich nicht dazu. / Warte mal. Ja. / Es muss ja nicht heute sein. / Nein, dass muss es wirklich nicht. Sieht auch gerade nicht so toll aus, was das Geld angeht. / Essen wir einfach bei mir."

Im Prinzip könnte Ulrik also ein ganz normales Leben führen, wenn nicht seine Exfrau so mitfühlend wäre.

"Keine Frau gehabt seit 12 Jahren, hä? Dann kriegst du jetzt einen Quickie."

Und sich seine Umgebung nicht so intensiv um ihn kümmern würde.

"Pinelli, MP 95, Kaliber 22, italienische Lizenzfertigung aus Korea, hoher Abzug, Poligonlauf, hohe Stabilität, Präzisionswaffe."

Und dann gerät zu allem Überfluss auch noch die Annäherung zu seinem Sohn wieder in Gefahr.

"Ich habe damals Celia erzählt, mein Vater wäre tot. Aber jetzt habe ich ihr gesagt, dass er nicht tot ist, und dass du mein Vater bist. / Ja, das ist ja wohl besser so. / Und ich habe ihr auch erzählt, was du gemacht hast. Davon war Celia nicht so begeistert. / Okay. / Also sie ist nicht unbedingt glücklich bei dem Gedanken, dass ihr Kind mit einem Opa aufwächst, der andere erschießt. Sie hat da eben so ihre Prinzipien."

Hans-Petter Moland hat im grauen, winterlichen Norwegen mit Stellan Skarsgard einen Film voll schwarzem Humor gedreht, in dem die Männer nicht gerade viel reden, dafür aber langsam denken und handeln – wenn sie handeln. Und während das pralle Leben Ulrik umkreist, erfüllt der einfach nur seine Pflichten - ein kleines skurriles Meisterwerk.