Auslandskorrespondentin Sandra Petersmann

Mit dem "anderen Blick" durch Afghanistan und Indien

Korrespondentin Sandra Petersmann im Gespräch mit dem Gouverneur von Kundus, Asadullah Omarkhel.
Bei der Recherche: Sandra Petersmann im Gespräch mit dem Gouverneur von Kundus, Asadullah Omarkhel © Deutschlandradio/ Sandra Petersmann
Moderation: Ulrike Timm · 06.10.2017
Die letzten fünf Jahre hat Sandra Petersmann in Ländern wie Indien, Pakistan, Bangladesch und Sri Lanka verbracht. Als Korrespondentin des ARD-Hörfunks reiste sie bis in die entlegensten Dörfer, um den Alltag der Menschen zu beschreiben.
Wie joggt man im 20-Millionen-Moloch Neu-Delhi? Wie kämpfen die afghanischen Frauen um ihre Rechte? Wie geht es den Menschen nach dem Erdbeben in Nepal? Fünf Jahre lang hat die ARD-Hörfunkkorrespondentin Sandra Petersmann aus Südasien berichtet. Von Indien aus bereiste sie Pakistan, Bangladesch, Butan und Sri Lanka. Allein 50 Mal war sie in Afghanistan, einem Land, das sie bis heute nicht loslässt:
"Für mich ist jede Reise nach Afghanistan wirklich – ich sage jetzt mal - ein Fest, weil mich dieses Land fesselt, weil mich die Bevölkerung fesselt, vor allen Dingen die Frauen, die Entwicklung der Frauen in diesem Land fesselt."
Die Journalistin und ehemalige ARD-Korrespondentin Sandra Petersmann zu Gast bei Deutschlandfunk Kultur. 
Sandra Petersmann: "Ich finde die Diskussion in Deutschland über Afghanistan oft unehrlich."© Deutschlandradio / Manuel Czauderna

Diskussion über Afghanistan "oft unehrlich"

Neben der Faszination steht aber der nüchterne Blick auf die bitteren Realitäten in Afghanistan – und den empfiehlt Sandra Petersmann auch den Deutschen:
"Ich finde die Diskussion in Deutschland über Afghanistan ganz oft unehrlich, weil sich viele deutsche Politikerinnen und Politiker in Verantwortung weigern, das Wort Krieg in den Mund zu nehmen. Aber was in Afghanistan stattfindet, ist ein Krieg."
Doch auch sie selbst stößt an Grenzen des Verständnisses beim Eintauchen in fremde Kulturen und Lebenswelten, etwa in Indien:
"Es gibt bis heute Dinge, die ich nicht verstehe, die ich vielleicht auch gar nicht verstehen will, weil ich sie als zutiefst ungerecht und zum Teil auch menschenverachtend empfinde, das Kastenwesen gehört dazu. Trotzdem möchte ich verstehen, wie es dazu gekommen ist und möchte mit Menschen darüber sprechen können. Aber selbstredend, es gibt Momente, wo man einfach sagt, Okay, wir kommen an diesem Punkt nicht zusammen."

"Das sind nicht Zahlen, das sind Menschen"

Neben der Tagespolitik war ihr Anliegen, die Menschen in den Ländern vorzustellen; Länder, die wir oft nur als Kriegs- und Krisengebiete kennen. "Es ist wichtig, hinzuschauen, auch dann noch hinzuschauen, wenn andere wegschauen", sagt sie. 2016 bekam sie für ihre herausragende Arbeit den "Courage-Preis für aktuelle Berichterstattung". Und das aktuelle Geschäft ist manchmal sehr hart, auch für eine erfahrene Korrespondentin wie Sandra Petersmann:
"Wenn man zum Beispiel in den Nachrichten hört: Bei einem Terroranschlag in Kabul sind zehn Menschen ums Leben gekommen; wenn man aber in der Nähe war und gesehen hat, was das eigentlich bedeutet, ein Terroranschlag, was das mit Menschen macht, wie diese Menschen aussehen, was mit den Familien passiert. Das sind nicht Zahlen, das sind Menschen, das sind Schicksale. Das kann einen innerlich zerreißen."
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