Auschwitz-Gedenken

"Es geht nicht um Schuld, es geht um Geschichtsbewusstsein"

Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz vor dem Eingang mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei".
Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz vor dem Eingang mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei". © imago/Eastnews
Norbert Frei im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 27.01.2015
"Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz" - das hat Bundespräsident Gauck am Dienstag im Bundestag gesagt. Norbert Frei teilt diese Meinung. Der selbstkritische Umgang mit der Vergangenheit sei Teil unserer politischen Kultur, sagt der Historiker.
Der Historiker Norbert Frei geht davon aus, dass das Gedenken an die NS-Herrschaft und die Judenvernichtung, wie sie durch das Konzentrationslager Auschwitz symbolisiert wird, auch künftig ein Teil der politischen Kultur in Deutschland bleiben werde. Auf die Frage, wie lange der Satz von Bundespräsident Joachim Gauck - "Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz" - noch gelten werde, sagte Frei am Dienstag auf Deutschlandradio Kultur: "Ich hoffe, er gilt."
"Geschichtsbewusstsein ist unabhängig von Generationen"
Norbert Frei, Historiker und Publizist
Norbert Frei, Historiker und Publizist© picture alliance / dpa / Klaus Franke
Dass Auschwitz Teil der deutschen Identität ist, sei den Deutschen "erst im Laufe der Jahrzehnte wirklich in seiner vollen Tragweite klargeworden". In einem "mühsamen Prozess" hätten die Deutschen "glücklicherweise" einen Zustand erreicht, in dem sie begriffen hätten, "dass ein selbstkritischer Umgang mit unserer Vergangenheit Teil unserer politischen Identität und politischen Kultur sein muss", sagte Frei, der an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Neuere und Neueste Geschichte lehrt.
Die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten habe immer dann mit Menschen zu tun, wenn sie "verantwortungsvolle Staatsbürger und Bürger dieses Landes" sein wollten, denn dazu müsse man die Geschichte eines Landes kennen, sagte Frei weiter. "Es geht ja nicht um Schuld, sondern es geht um Kenntnis zur Kenntnisnahme, es geht um Geschichtsbewusstsein, und das ist unabhängig von Generationen."
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