Aus den Feuilletons

"Wir infantilisieren uns zu Tode"

Ein älterer Mann in einer Motorradjacke trägt eine VR-Brille.
Hauptsache Spaß? Ein älterer Mann amüsiert sich mit einer VR-Brille. © imago stock&people
Von Adelheid Wedel · 08.10.2017
Dummgezüchtete Fernsehkonsumenten, Sprache als Dauergekicher, keine Überzeugungen oder Utopien – US-Senator Ben Sasse wirft in seinem Buch "The Vanishing American Adult" den Erwachsenen vor, es gehe ihnen nur noch um Fun. Außerdem in den Feuilletons: das Internationale Literaturfestival in Odessa.
"Ein Rentner mit Fahrrad und Superman-Cape?" So sieht die Tageszeitung TAZ den typischen alten Herrn in heutiger Zeit. Und sie findet den erklärenden Begriff dazu: "Wir infantilisieren uns zu Tode. Den Alten geht es nur noch um Fun. Und die Jungen? Machen gar nichts."
Das hat sich Adrian Schulz nicht ausgedacht, sondern er greift damit Gedanken auf, mit denen sich US-Senator Ben Sasse in seinem Buch "The Vanishing American Adult", Deutsch: "Das Verschwinden des amerikanischen Erwachsenen" beschäftigt. Obwohl Schulz in seiner Rezension zunächst einige Versäumnisse des Autors aufzählt, kommt er dennoch zu dem Schluss: "Der Kern des Befundes jedoch stimmt. Die Menschen werden kindlicher." Sasse redet von dummgezüchteten Fernsehkonsumenten und diagnostiziert: "Die Sprache verlottert in Dauergekicher." Er setzt hinzu: "Ein Land voller blökender Kinder ist leicht zu beherrschen." Der Rezensent stellt besorgt fest: Diese Frage, was will ich wirklich, die den Kern des Erwachsenenseins … birgt, nämlich für sein eigenes Leben verantwortlich zu sein, diese Frage "sorgt mittlerweile bestenfalls für Gelächter".
Resigniert ergänzt er: "Die Zeit der großen philosophischen Entwürfe, der Debatten und Weltbilder, ja, der Überzeugungen und Utopien ist vorbei." Ob der Amerikaner Ben Sasse das anders sieht, lässt sich in seinem Buch nachlesen, das vorerst aber nur in englischer Sprache erschienen ist.

Das gesamte Manuskript der Kulturpresseschau als PDF-Datei.